Gut möglich, dass einem dieser Tage in München eine Truppe sportlicher Japaner über den Weg joggt. Zumindest allen Frühaufstehern unter uns: Um 6 Uhr drehen sie ihre erste Runde, die fleißigen Musiker aus Asien. Zehn Kilometer. Danach Krafttraining. Gestemmt werden Shime-Daikos, rund zehn Kilo schwere Schlaginstrumente ihres Heimatlandes. Um fit zu sein für eine Show, die nun im Deutschen Theater München zu Gast ist.
„Tenmei – Rhythmus des Schicksals“ heißt der Titel des neuen Programms einer Gruppe, die Trommel-Fans eigentlich nicht mehr vorgestellt werden muss. Spätestens seit ihrer ersten Welttournee 2001 haben sich die Yamato Drummers of Japan in die Herzen der Zuschauer geschlagen. Trifft man sie vor einem ihrer Auftritte in Berlin, erlebt man Japaner, wie sie im Klischeebuch stehen. Von einer Herzlichkeit und Disziplin, dass es einem fast unangenehm ist.
Wie so eine Trommel gespannt wird? Zack, springen zwei der Truppe auf den Bühnenboden des Berliner Admiralspalasts und legen los. Jeder auf eine Seite der Shime-Daiko; der eine zieht so fest an den Seilen, die sie umspannt, dass sein Gesicht knallrot wird, der andere hämmert mit nicht weniger Kawumm auf die Seile ein, damit sie fest sitzen. Und wie klingt das dann? Zack, richten die zwei sich wieder auf – und das ganze fein säuberlich aufgestellte Ensemble legt los. Das ist kein Trommelwirbel, das ist ein Trommelorkan. Kraftvoll wie Presslufthämmer, aber von einer Virtuosität und Synchronität, dass man für einen Moment sprachlos ist.
Masa Ogawa, der Vorstand der Gruppe, sieht’s mit verschmitztem Lächeln. Auf sein Signal hin endet der Spontanauftritt unvermittelt. Auf den Punkt, da holpert keiner mit einem Schlag hinterher, unter perfekt machen sie’s hier nicht, Probensituation hin oder her. Das Leben als Taiko-Gruppe – so nennen sich die Röhrentrommeln, die sie auch spielen – mag sich auf den Bühnen dieser Welt abspielen, umjubelt von tausenden Zuschauern. Das Leben eines Rockstars ist es nicht. Ein einzelnes Mitglied von Yamato verbringt im Jahr rund 3600 Stunden nur mit Trommeln. Kurz durchgerechnet: Das sind bis zu zehn Stunden am Tag. Weil da so mancher Stock kaputt geht, müssen ständig neue gefertigt werden – von den Mitgliedern selbst. Wird ja gerade viel von Bikini-Figur und Abnehmen geredet, derlei Sorgen kennen Yamato-Trommler nicht: Pro Show verliert jeder zwei bis drei Kilogramm.
Warum sie sich das antun, möchte man dann doch wissen. Klingt ja jetzt nicht so richtig nach Spaß. Mache es aber, betont Neen Meora, eine der Frauen der Gruppe. Seit sieben Jahren trommelt sie bei Yamato. Aber, das wird deutlich, wenn sie von der „Ehre“ spricht, hier dabei sein zu dürfen, Spaß steht für die Macher nicht im Vordergrund. Neen Meora möchte immer besser, immer stärker werden. Und diese Tradition der japanischen Trommelkunst fortführen. Sie vergleichen ihr Spiel mit einem Herzschlag. Sie geben den Rhythmus vor – und alle Herzen im Saal hüpfen begeistert mit. Wer’s mal erlebt hat, weiß, dass es stimmt. Da durchfährt einen als Zuschauer ein Energieschub wie beim Sprung in den Eisbach. Schlag auf Schlag.
Vom 4. bis 9. Juli
im Deutschen Theater München, Tickets unter Telefon 089/55 23 44 44.