McCoy Tyner kam erst mit 13 zum Klavier. Wie er es in nur zehn Jahren auf ein Level brachte, dass er ab 1961 im legendären Quartett seines Freundes John Coltrane eine tragende Rolle spielen konnte, gehört zu den Wundern des Jazz. Seine Mutter sei Friseurin gewesen, erzählte er einmal im Interview mit unserer Zeitung, er habe in ihrem Salon geübt – also immer ein Publikum gehabt. Dass er weder Berührungsängste mit der Avantgarde hatte noch sich zu schade war für erdige Blues- und Latin-Klänge, zeigt jetzt die Sammlung der besten Auftritte von Tyner beim Montreux Jazz Festival aus den Jahren 1981, 1986 und 2009, die als haptisch und visuell vorbildliches Doppel-Vinyl herausgekommen ist. Die furios eröffnende „Latino Suite“ allein deckt stilistisch schon fast alles ab, in „Eternally yours“ spielt der Virtuose das Publikum schwindelig. Finale ist die „Ballad for Aisha“, die Tyner schon mit Coltrane spielte, frisch vom Friseursalon. lö