Da hat Gabriele Münter gut lächeln. Die große Künstlerin des Blauen Reiter tut’s, auf einem Schwarz-Weiß-Foto, das jetzt in der Dauerausstellung im Schlossmuseum Murnau hängt. Als würde Münter vom Ruderboot aus, in dem sie im Jahr 1901 selbstbewusst posiert, auf die Werke blicken, die ihr Foto nun, im Jahr 2023, umgeben. Und es selbst nicht so richtig fassen können, dieses Glück. Ihr Blick gleicht dem von Museumschefin Sandra Uhrig. Auch sie schaut glücksbeseelt und etwas ungläubig auf die Bilder, die seit Freitag ganz offiziell als Dauerleihgabe zum Haus gehören. Pünktlich zum 30. Jubiläum des Museums gab’s von der KK-Stiftung Murnau das schönste Geschenk, das sich Kunstfreunde wünschen können: Ein anonymes Paar, das hinter der Stiftung steht, hat seine außergewöhnliche Blaue-Reiter-Sammlung dem Haus zur Verfügung gestellt.
Die Werke sind von einer Qualität und mit einer Kennerschaft gesammelt, die beeindruckt. Arbeiten von Wassily Kandinsky (1866-1944) und Münter (1877-1962) aus ihrer Murnauer Zeit (als es für sie auch in Liebesdingen noch was zu lachen gab), dazu fast zeitgleich entstandene Gemälde von Alexej von Jawlensky (1864-1941), August Macke (1887-1914), fantastische Tuschfederzeichnungen von Alfred Kubin (1877-1959), mit einem Witz, den man bei dem für seine düsteren Szenen bekannten Grafiker gar nicht recht erwartet.
Den Wert all dieser Meisterwerke, man kann ihn nur erahnen. Spektakulär war im März die Versteigerung des Kandinsky-Gemäldes „Murnau mit Kirche II“, für 45 Millionen US-Dollar wechselte es bei Sotheby’s den Besitzer. In Murnau, dem Ort, wo es einst entstand, hängt nun unter anderem die Vorstudie für besagtes Werk, „Studie für Murnau mit Kirche II“ (1910). Kein Wunder, dass der Gemeinderat erst beraten musste, ob man sich diesen Schatz denn auch leisten kann. Die Versicherungssummen müssen angepasst, der Diebstahlschutz erhöht werden. Doch die Murnauer wissen, welches Juwel sie sich da ins Haus geholt haben: Einstimmig sprach der Rat sich für die Annahme der Leihgabe aus.
Für Besucher ist’s ein großes Glück. Einmal mehr ist man überwältigt von der Strahlkraft der Farben. Und der rasend schnellen Entwicklung, die Münter und Co. künstlerisch in wenigen Jahren durchliefen. Das ist für Uhrig das Schönste an diesem Geschenk: „Es gibt uns die Möglichkeit, den Besuchern diese spannenden kunsthistorischen Entwicklungen mit Originalwerken vor Augen zu führen.“ Die Museumspädagogen seien „ausgeflippt vor Freude“, als sie von der Dauerleihgabe erfuhren, erzählt die Chefin. Die Euphorie, sie springt sofort über. Wer sich und seiner Seele also etwas Gutes tun möchte: Pferde gesattelt und auf nach Murnau!
Dauerausstellung
im Schlossmuseum Murnau, Di.-So. 10-17 Uhr, von Juli bis September am Wochenende bis 18 Uhr.