Einmal Retro ist gut, zweimal Retro ist besser. Und zwei Reibeisenstimmen zum Preis von einer nimmt man immer gern. Unter diesem Motto haben Bonnie Tyler (Foto: John MacDougall/afp) und Chris Norman das ausverkaufte Tollwood-Zelt in eine riesige Greatest-Hits-Jukebox verwandelt. Wenn zwei 70er drei Stunden lang ihre Kracher aus den Siebzigern und Achtzigern singen, ist der Neuigkeitswert zwar klein, aber der Glücklichmach-Faktor umso höher.
Den Anfang besorgte Bonnie Tyler, die versprach: „Ich bin 72, aber ich geh noch nicht in Rente.“ Das muss sie auch nicht, denn ihre Nostalgie-Show mit Hits von „Lost in France“ bis „It’s a Heartache“ macht Spaß. Auch wenn Bonnie nicht jeden Ton astrein trifft, klingt ihre Stimme wie eh und je nach einer verschleppten Kehlkopfentzündung, von der man froh ist, dass man sie selbst nicht hat. Umjubelte Höhepunkte waren Jim Steinmans Pop-Oper „Total Eclipse of the Heart“ – und Tina Turners „The Best“. Denn wer hat’s erfunden? Natürlich Bonnie. „Ich singe jetzt mein Original für Euch“, verkündete die Tyler stolz – wobei die Turner mit ihrer Cover-Version auch nicht ganz erfolglos war.
Wer gehofft hatte, dass Tyler danach mit Chris Norman „Stumblin in“ singt, wurde enttäuscht – beide Pop-Legenden blieben strikt getrennt. „Mr. Smokie“ (auch 72) zündete ebenfalls ein routiniertes Hit-Feuerwerk, das sich anfühlte wie „Disco 76“, nur ohne Ilja Richter. Beim „Mexican Girl“ sangen die Bavarian Girls selig mit. Und die Paris-Romanze „I’ll meet you at Midnight“ bleibt auch nach 47 Jahren ein wunderbares Stück Pop. Das war lecker mit Bonnie und Chris: Reibeisen zum Reinbeißen.