Ausgebremster Bilderbogen

von Redaktion

PREMIERE „María de Buenos Aires“ beim Festival auf Gut Immling

VON TOBIAS HELL

Oper, Operette, Schauspiel mit Musik oder doch eher Tanztheater? Astor Piazzolla macht es einem mit der Einordnung seiner „María de Buenos Aires“ nicht einfach. Und auch nach der Premiere auf Gut Immling, wo Regisseurin Verena von Kerssenbrock die „Tango-Operita“ auf die Bühne brachte, bleiben letztlich mehr Fragen als Antworten.

Dank der fantasievollen Masken und Kostüme, mit denen Lilli Hartmann den Día de los Muertos heraufbeschwört, gibt es hier zwar viel fürs Auge, doch verliert man im bunten Gewusel oft den Überblick. Da mag Karlos Klaumannsmoller als Erzähler „El Duende“ die poetischen Texte von Horacio Ferrer noch so wortgewaltig und musikalisch rezitieren. Es stellt sich dennoch die Frage, ob nicht zumindest für seine Rolle eine deutsche Übersetzung sinnvoll gewesen wäre, um die Blicke des Publikums nicht permanent zu den Übertiteln abschweifen zu lassen. Dies hätte aufgrund eines fast durchweg muttersprachlichen Solistenensembles und der versierten Musikerinnen und Musiker im Graben der Authentizität keinen Abbruch getan.

Wie angedeutet, ließen Ferrer und Piazzolla in „María de Buenos Aires“ unterschiedliche Welten und musikalische Stile aufeinandertreffen. Argentinische Folklore und die Rhythmen des Tango Nuevo, aber ebenso Anklänge aus dem Jazz oder aus klassischen Oratorien. All dies ist verwoben zu einem surrealen Bilderbogen, in dem man auf mehreren Zeit- und Traumebenen die Geschichte der mystischen Titelheldin erzählt: Heilige und Sünderin in einer Figur, die sich in Immling auf eine Sängerin und zwei tanzende Alter Egos aufteilt. Flaka Goranci fesselt mit sonorem Alt und zieht durch ihre Ausstrahlung selbst bei stummen Auftritten die Blicke auf sich, während die tänzerische Komponente des Abends leider enttäuscht. Nicht nur weil das Bewegungsrepertoire von Rosalie und Gabriel Wanka schnell ausgereizt scheint, sondern auch weil sich das argentinische Lebensgefühl eben nur bedingt einstellt, wenn das Ensemble vor den Augen des Publikums einen Anfängerkurs Tango absolviert. Statt erotischen Knisterns vernimmt man eher das Knarzen der Bühnenbretter. Vor allem dann, wenn zwischen den 16 Bildern immer wieder unnötige Zäsuren entstehen, um den Chor neu aufzustellen. Das bremst den Abend und das Orchester wiederholt aus. Eine ambitionierte Produktion, deren einzelne Elemente leider nicht immer zueinanderfinden.

Weitere Vorstellungen

23., 29. Juli und 12. August; www.muenchenticket.de.

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