Der Festspielsommer mag sich allmählich seinem Ende zuneigen, doch von Kürzertreten kann in Salzburg auch auf der Zielgeraden nicht die Rede sein. Nach dem Premierenmarathon der vergangenen Wochen rücken nun noch einmal die prominenten Gastorchester in den Fokus. Unter anderem die Berliner Philharmoniker mit ihrem Chefdirigenten Kirill Petrenko. Was wie erwartet wieder einmal eine nicht unwesentliche Zahl von Münchner Musikfans aus alter Verbundenheit ins Große Festspielhaus gelockt hatte, um dem Ex-GMD der Bayerischen Staatsoper zu huldigen.
Petrenko zollte seinerseits einem berühmten Münchner Tribut – in Form von Max Regers „Variationen und Fuge über ein Thema von Mozart“, bei denen die Berliner ihre stilistische Bandbreite eindrucksvoll demonstrieren konnten. Basierend auf dem Kopfsatz von Mozarts Klaviersonate KV 331, startet auch Regers Partitur eher kammermusikalisch reduziert. Wobei den zum zarten Pianissimo animierten Holzbläsern die Ehre zufiel, das eingängige Thema vorzustellen, aus dem sich in der Folge acht kontrastreich dargebotene Variationen entwickelten.
Selbst wenn das Stück mit jeder Nummer tiefer in die Klangwelten Regers driftete, blieb auch der geistige Pate in dieser Interpretation stets präsent. Mal luftig leicht, an die frühen Mozart-Symphonien gemahnend wie in der vierten Variation, mal mit der unerbittlichen Urgewalt des „Requiems“. Und ganz in seinem Element war der Detailfanatiker Petrenko in der überproportionalen, abschließenden Fuge, die bei ihm mit der Präzision eines Uhrwerks ablief: klar strukturiert und mit Nachdruck auf die Rückkehr des originalen Themas hinarbeitend.
Nach dieser Verbeugung vor Mozart folgte im zweiten Teil des Abends mit Richard Strauss ein Name, der eng mit Salzburg verknüpft ist. Sein „Heldenleben“ kann hin und wieder eine zwiespältige Angelegenheit werden, gibt es doch zahlreiche Stimmen, die dem Mitbegründer der Festspiele hier eine gewisse Egomanie vorwerfen. Eine Lesart, für die Kirill Petrenko offenbar nur wenig übrig hatte. Sicher, auch bei ihm gab es sie, die großen pathetischen Momente, in denen vor allem die Blechbläser der Berliner Philharmoniker glänzen durften. Und dort, wo Strauss seine Kritiker mit herausgestreckter Zunge aufs Korn nimmt, war auch dem Dirigenten eine fast schon kindliche Freude anzumerken. Doch selbst hier gelang es ihm, das Werk meist schnell wieder zu erden und mit feinen dynamischen Abstufungen ein Gefühl der Selbstironie heraufzubeschwören, die der Sache durchaus guttat.
Statt die Flucht nach vorne anzutreten und im satten Klang zu baden, schien Petrenko den Komponisten eher mit dem nüchternen Blick zu analysieren und hinter die Rüstung zu blicken. Auf den Boden zurückgeholt wurde der selbstbewusste und sich selbst glorifizierende Held so vor allem im dritten Absatz, den Strauss in einem später wieder von ihm selbst aus der Partitur getilgten Programm seiner Frau Pauline gewidmet hatte.
Die sie verkörpernde Geige war dabei bezeichnenderweise Konzertmeisterin Vineta Sareika-Völkner anvertraut, die in ihren Solo-Momenten den Saal mit natürlicher Autorität zu beherrschen wusste, sich aber ebenso gegen die immer wieder hochwogenden Antworten des Orchesters behauptete. Warm im Ton und so für eine menschliche Note sorgend, was sowohl dem Publikum als auch ihren Kolleginnen und Kollegen Gelegenheit gab, innezuhalten und Kraft für das nächsten Aufbäumen zu schöpfen.
Münchner Fans kamen aus alter Verbundenheit
Konzertmeisterin mit Klangporträt von Strauss-Ehefrau