Nehmt euch Zeit für Momo!

von Redaktion

Zum 50. Jubiläum von Michael Endes Klassiker erscheinen Hör- und Bilderbuch

VON KATJA KRAFT

Immer ist da dieses Ticken. Wir hören es nicht, weil wir es nicht hören wollen. Aber die Zeit, sie vergeht. Tick tack. Tick tack. Wieder zwei Sekunden Leben weniger. Tick tack. Tick tack. Und wieder zwei. Vor 50 Jahren hat Michael Ende sein kluges, poetisches Buch „Momo“ veröffentlicht. Untertitel: „Die seltsame Geschichte von den Zeit-Dieben und von dem Kind, das den Menschen die gestohlene Zeit zurückbrachte“. Ein halbes Jahrhundert später (tick tack, tick tack) ist dessen Botschaft wichtiger denn je. Denn die miesen grauen Männer, die uns unsere Zeit stehlen möchten, tragen heute ein neues Gewand. Nicht mehr fahl und leichenblass kommen sie daher. Nein, sie blitzen und blinken und locken uns mit Herzchen und „Gefällt mir“-Zuspruch. Sie heißen Instagram und Facebook, Snapchat, TikTok und X. Aber auch E-Mail-Programm, Smartphone, Apple Watch. Siri und Fitness-App. YouTube und WhatsApp. Hirn- und Zeitfresser auf allen Kanälen.

Deshalb jetzt mal alle Maschinen stopp – und noch etwas in Vergessenheit Geratenes tun: wie das Mädchen Momo aufmerksam und ohne jede Ablenkung zuhören. Zugegeben, eine Maschine muss man dafür doch einstellen. Den CD-Player. Denn heute erscheint das liebevoll arrangierte neue Hörspiel „Momo“. Regisseur Robert Schoen hat die alte Geschichte nur geringfügig gekürzt und mit großartig ausgewählten Sprecherinnen und Sprechern inszeniert.

Sobald Friedhelm Ptok als Erzähler beginnt, wird einem warm ums Herz. Die erst elfjährige Paula Drescher begeistert in der Hauptrolle. Sie ist eine aufgeweckte, einfühlsame und ganz schön mutige Momo. Andreas Fröhlich ein sanfter Meister Hora. Und weil das alles zusätzlich von Tobias Unterbergs träumerischen Kompositionen unterlegt und ergänzt wird, müssten schon wirklich ausgebuffte graue Herren daherkommen, damit man gedanklich abschweifte.

Am 1. September 1973 ist „Momo“ einst erschienen. Seither hat sich Endes Roman mehr als zwölf Millionen Mal und in 53 Sprachen verkauft. Kleine und große Hörer ab zehn Jahren wissen, warum. Im Grunde kann man all die Ratgeberbücher dieser Welt in eine große Tonne schmeißen – in „Momo“ ist alles notiert, was uns gehetzte, ausgebrannte, daueraktive Möchtegern-Multitask-Experten erdet. Mehr Langsamkeit wagen, auch: mehr Langeweile. Einander ehrlich zugewandt sein. Weniger tippen, mehr streicheln. Weniger fotografieren, mehr sehen. Weniger sharen, mehr teilen. Und darauf vertrauen, dass die Welt nicht untergeht, wenn das WLAN versagt. Fun Fact: Sie geht auf. Kopf hoch und erleben. Tick tack. Tick tack.

Robert Schoen:

„Momo – Das Hörspiel“ (Silberfisch).

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