Da blüht uns was

von Redaktion

Beim Fest Various Others ist die internationale Kunstszene zu Gast in München

VON KATJA KRAFT

Aus den Erinnerungen des Sommers wird im Herbst Marmelade gekocht. Damit die besonders süß schmeckt, gilt es also jetzt, Bienchen-gleich schöne Erfahrungen zu sammeln. Na, das wird an diesem Wochenende in München nicht schwerfallen. IAA, Corso Leopold und nun auch noch der Auftakt des Kunstfestivals Various Others – dass dies alles zeitgleich geboten wird, ist von den Veranstaltern schlecht abgestimmt. Die Stadt ist in diesen Tagen so voll, als sei das erste Fass auf der Theresienwiese schon angezapft. Kann man sich drüber ärgern. Oder das Positive sehen: Man spricht ja so gern von Synergieeffekten, hier scheinen sie tatsächlich zu wirken. Jede Menge autobegeisterte Kunstfreunde also am Donnerstagabend beim Auftakt von Various Others. Oder kunstbegeisterte Autofreunde? Im Grunde spielt das keine Rolle. Gäste aus aller Welt sind in der Stadt und lassen sich mal hier-, mal dorthin treiben. Wer klug ist, treibt mit.

Denn von dem Gedanken, das gesamte Programm des Various-Others-Auftaktwochenendes abklappern zu können, verabschiedet man sich bitte sogleich. Mehr als 25 Ausstellungen mit etwa 200 nationalen und internationalen Künstlerinnen und Künstlern, dazu Empfänge, Performances, Talks und Partys – bei allem dabei zu sein, ist schlichtweg unmöglich. Programmdirektor Christian Ganzenberg formuliert’s bei der Eröffnung auf der Terrasse des Hauses der Kunst passend: Er wünsche sich, dass die kommenden Tage für alle „tiring and inspiring“ werden. Ermüdend und inspirierend zugleich. Das geht bei Various Others naturgemäß Hand in Hand. Angesichts der schlafraubend vielen Angebote könnte man versucht sein, nach einem Tag auszusteigen – wär’s eben nicht so anregend.

Das Festival, das bis 24. September zum sechsten Mal mit 27 teilnehmenden Galerien, Institutionen und Offspaces und deren 17 internationalen Partnern realisiert wird, lebt vom persönlichen Austausch. Ein bisschen wie Filmfest. Nur dass man hier nicht Regisseure oder Schauspieler, sondern die Künstlerinnen und Künstler persönlich treffen kann. Und von ihnen in diversen Art Talks erfährt, wie ihr persönlicher Lebensfilm abläuft, wie ihre Kunst entsteht, welche Themen sie umtreiben.

Julie de Kezel etwa. Wie berichtet, war die Künstlerin aus Gent 2022 mit dem Karl & Faber Preis der Stiftung Kunstakademie München ausgezeichnet worden. Das heißt: 2000 Euro Preisgeld und eine Einzelausstellung in dem Münchner Auktionshaus. Die ist jetzt realisiert. Wer die filigranen Arbeiten, durch die Julie de Kezel die Jury vergangenes Jahr überzeugte, gesehen hat, wird nun gespannt durch die hohen Räume von Karl & Faber samt Galerie laufen. Wie de Kezel die Flächen wohl bespielen wird? Denn ihre preisgekrönten Werke waren je nur zehn mal zwei Zentimeter klein. Zehn Finger, die aus der Wand zu wachsen schienen. Wer genauer hinsah, erkannte: Jede Fingerspitze ist anders gestaltet, aus jeder Kuppe sprießt ein individueller Mikrokosmos. Naturlandschaften in Miniatur. So blumig soll es auch in ihrer bis 22. September zu sehenden Ausstellung zugehen. Vielsagender Titel: „Vielen Dank für die Blumen“.

Rosig wird man ebenfalls im Espace Louis Vuitton empfangen. Dort eröffnete Leiterin und Various-Others-Organisatorin Sarah Haugeneder die neue Schau der Künstlerin Sarah Morris. Auf dem Plakat: rosarot leuchtende Blüten. Im Zentrum von „As slow as possible“ (sympathischer Titel übrigens in unserer gehetzten Zeit) stehen filmische Arbeiten, die sich kritisch mit dem Kapitalismus als wirtschaftliches und politisches System auseinandersetzen. Daraus wiederum entwickelt Morris Gemälde. „Die Bilder meiner Filme spielen mit den Ideen des Spektakels, der Handelsware, der politischen Macht und der Macht überhaupt“, sagt sie selbst.

Derweil zeigt das Museum Brandhorst mutig Flagge. Namentlich durch Philipp Guflers „Flag Commission“. An diesem Samstag lädt das Haus an der Theresienstraße zum Frühstück mit Besichtigung der vier Arbeiten, die da jetzt im Spätsommerwind flattern, ein. Philipp Gufler wird selbst anwesend sein, wenn Brandhorst-Kuratorin Monika Bayer-Wermuth eine Einführung hält. Zu Kaffee und leichten Speisen – alles andere als „tiring“. Aber ganz und gar „inspiring“.

Das gesamte Programm

von Various Others im Internet unter www.variousothers.com.

Artikel 7 von 9