Trotz des streikbedingten Mangels an Stars gibt es auch dieses Jahr viel Gesprächsstoff beim Filmfest Venedig. Emma Stone und Carey Mulligan dürften für ihre Rollen eine Oscar-Nominierung erhalten. Stone spielt die Hauptrolle in „Poor Things“ von Yorgos Lanthimos, der sich zum Favoriten-Film gemausert hat. Auch der deutsche Film des Wettbewerbs kommt gut an – anders als das neue Werk von Roman Polanski, das von den Kritikern überraschend einhellig verrissen wurde.
Wer mit dem Goldenen Löwen den Hauptpreis erhält, entscheidet sich am Samstagabend. 23 Werke sind heuer im Wettbewerb. Lanthimos’ „Poor Things“ hat von den Kritikerinnen und Kritikern die besten Bewertungen bekommen. Neben Stone brilliert in der modernen Frankenstein-Geschichte Willem Dafoe als skurriler Professor. Der Film erzählt von einer Frau, der das Gehirn eines Babys eingesetzt wurde und die daraufhin das Leben neu kennenlernt.
Gut kam auch das Werk des japanischen Regisseurs Ryusuke Hamaguchi an. In „Aku wa Sonzai Shinai“ (Der Teufel exisitiert nicht) erzählt er von den Bewohnern eines kleinen japanischen Dorfs, die im Einklang mit der Natur leben. Eines Tages bedroht eine Firma, die dort ein glamouröses Camping-Resort bauen will, das ökologische Gleichgewicht. Auch die erschütternden Filme „Zielona granica“ von Agnieszka Holland und „Io capitano“ von Matteo Garrone, die sich auf unterschiedliche Weise mit der Situation von Geflüchteten beschäftigen, kamen gut an.
Einige der Filme, die in Venedig laufen, haben gute Chancen bei den Oscars. Für eine Nominierung gesetzt gilt Emma Stone. In „Poor Things“ kann die 34-Jährige ihr ganzes schauspielerisches Talent entfalten. Ovationen gab es auch bei der Premiere von Bradley Coopers Netflix-Drama „Maestro“ über den Musiker Leonard Bernstein (gespielt von Bradley Cooper) und seine Frau Felicia Montealegre. Letztere wird von Carey Mulligan verkörpert. Eindringlich und subtil bringt die Britin die Verzweiflung und Liebe zum Ausdruck, die Bernsteins Frau in der Ehe empfand. Eine Oscar-Nominierung sei ihr damit sicher, waren sich die Kritiker einig.
Der deutsche Wettbewerbsbeitrag „Die Theorie von allem“ von Regisseur Timm Kröger wurde hochgelobt. Der in Schwarz-Weiß gehaltene Thriller spielt in den 1960er-Jahren in einem Hotel in den Schweizer Alpen. Kröger orientiert sich am Film Noir, spielt mit Licht und Schatten und dramatischen Bildausschnitten. Er verwebt Verweise an Filmemacher wie Alfred Hitchcock und literarische Anspielungen in seinen Film. Festivaldirektor Alberto Barbera beschrieb das als „neue deutsche Mythologie“.