Das Timing hätte kaum besser sein können. Gerade einmal zwei Tage, nachdem die Münchner Philharmoniker ihre neue Saison eröffnet hatten, stattete nun auch ihr designierter Chefdirigent Lahav Shani seiner künftigen Wirkungsstätte am Wochenende einen Besuch ab. Diesmal allerdings noch mit dem Israel Philharmonic Orchestra, seinem aktuellen Ensemble, dessen Leitung er vor drei Jahren von Zubin Mehta übernommen hatte. Und angesichts der Ovationen, die man den Gästen aus Tel Aviv bereitete, lässt sich davon ausgehen, dass viele Münchner Musikfans Shanis Dienstantritt schon jetzt gespannt entgegenfiebern.
Im ersten Teil des Abends hatte sich der Dirigent bei Beethovens drittem Klavierkonzert zunächst noch als sensibler Begleiter eingeführt, der Igor Levit viel Freiraum gewährte und ihn stets genau im Auge behielt, um mit dem Israel Philharmonic Orchestra flexibel auf ihn zu reagieren. Wobei dies keineswegs eine Einbahnstraße war. Auch Levit schien bereits die orchestrale Einleitung intensiv mit zu durchleben. Angespannt auf seinem Hocker hin und her wiegend, ehe er endlich selbst in die Tasten seines Steinways greifen durfte, um Teil dieser von gegenseitigem Geben und Nehmen geprägten Interpretation zu werden.
Kraftvoll zupackend und hoch virtuos in der Kadenz des ersten Satzes. Wobei sich vor allem das Largo im Gedächtnis eingräbt. Abgeklärt ruhig und trotz bis an die Grenzen des Stillstands ausgereizten Tempi nie an Spannung verlierend. Eine Art sanfter Meditation, oft so filigran hingetupft, dass man sich im Saal beinahe nicht zu atmen traute. Umso heftiger dagegen der Applaus, nach dem stramm durchexerzierten Final-Rondo, das schon auf den kommenden Januar Lust machte, wenn Igor Levit seine kleine Münchner Konzertreihe als Kammermusiker fortsetzen wird.
Wandlungsfähigkeit durften auch die Mitglieder des Orchesters demonstrieren, für die nach der Pause die erste Symphonie von Johannes Brahms auf dem Programm stand. Hier fiel bei Shani jede Zurückhaltung. Mit großem romantischem Gestus ging es da bereits in den aufwühlenden Kopfsatz. Und wenn man unbedingt Vergleiche anstellen wollte, ließen sich tatsächlich gewisse Ähnlichkeiten mit Zubin Mehta entdecken. Was aber vielleicht auch an dem süffig sonoren Streicherklang liegen mag, der Israels musikalische Botschafter von jeher auszeichnet.
Shani ruhte sich hierauf jedoch keineswegs aus, sondern ließ auch die exzellenten Hörner sowie die Solo-Holzbläser zu ihrem Recht kommen. Wunderbar zu beobachten beim markanten Einsatz der Flöte im vierten Satz. Begonnen hatte dieses gesteigerte Finale mit scharf gezupften Geigen, die hier bereits die letzte der insgesamt drei Zugaben erahnen ließen: die „Pizzicato-Polka“ von Johann Strauß Jr., bei der Lahav Shani nicht nur selbst Humor bewies, sondern mit kleinen spontanen Einfällen auch seine Musikerinnen und Musiker nochmals aus der Reserve lockte – und damit sowohl im Saal wie auf der Bühne für zufriedenes Schmunzeln sorgte.