Ein skurriles Märchen um eine feministische Frankenstein-Kreatur hat den Goldenen Löwen in Venedig gewonnen. Doch auf seine Hauptdarstellerin aus „Poor Things“ musste Regisseur Giorgos Lanthimos bei der Preisverleihung der Filmfestspiele verzichten. US-Schauspielerin Emma Stone kam wegen des Hollywood-Streiks nicht nach Venedig. Dieser überschattete die Preisverleihung am Samstagabend.
„Ich persönlich bin sehr enttäuscht, dass sie nicht dabei ist, sie ist ein wichtiger Teil des Films“, sagte Lanthimos. „Aber natürlich verstehe ich den Grund.“ Dass in Zeiten, da die gewerkschaftlich organisierten Drehbuchautoren und Schauspieler in den USA die Arbeit niedergelegt haben, zwei US-Amerikaner mit den Schauspielpreisen ausgezeichnet werden, könnte eine bewusste Entscheidung der Jury gewesen sein. Cailee Spaeny gewann für ihre Rolle in „Priscilla“ (Kinostart: 26. Dezember), Peter Sarsgaard für seinen Part in „Memory“ (der Kinostart ist noch nicht bekannt). Sarsgaard drückte in seiner Dankesrede Solidarität mit den Streikenden aus, die um eine bessere Vergütung und Regeln im Umgang mit Künstlicher Intelligenz (KI) kämpfen.
Dass ein Roboter die Arbeit von Emma Stone übernimmt, ist kaum vorstellbar. Sie spielt in „Poor Things“ (Kinostart: 8. Februar 2024) eine Rolle, wie es sie in der Filmgeschichte noch nie gab: eine Frau mit dem Gehirn eines Kleinkinds. Der Wissenschaftler Godwin Baxter (Willem Dafoe) hat sie als schwangere Leiche aus einem Fluss gefischt, ihr das Gehirn ihres ungeborenen Babys eingesetzt und sie wiederbelebt. Er protokolliert ihr geistiges Heranwachsen. Stone erfüllt diese schauspielerische Herausforderung mit Bravour und körperlichem Slapstick. Im Grunde hat man nichts an diesem Film schon mal gesehen – was ihn zum verdienten Gewinner macht.
Der italienische Regisseur Matteo Garrone gewann indes für das Drama „Io capitano“ den Silbernen Löwen für die beste Regie. Die Polin Agnieszka Holland erhielt den Spezialpreis der Jury für ihr Drama „Zielona Granica“ . Der japanische Regisseur Ryusuke Hama-guchi schließlich wurde für „Evil does not exist“ mit dem Großen Preis der Jury geehrt. Für alle drei Werke ist der Kinostart noch nicht bekannt.