Prosit! O’zapft is! In München wird von diesem Samstag an auf der Theresienwiese wieder zu schmissiger Blaskapellenmusik bierselig geschunkelt, gebusselt, getanzt. Es wird Karussell gefahren, geschnapselt, genascht, es werden Herzl ans Herzl verschenkt, es wird gefummelt und wildgebieselt. Und auf dem Hügel unter den Augen der Bavaria schlafen sie ihren Rausch aus – um es mal vorsichtig zu formulieren. Während die Stadt und gefühlt der Rest der Welt auf dem Oktoberfest die bayerische Gemütlichkeit feiert – oder was sie dafür hält – wird mit der ganzen Gaudi vor allem eines: Geld verdient.
Das tut auch Alexander Gutsfeld. Er ist Journalist, preisgekrönter Podcaster („Narcoland“) und während der Wiesn seit mittlerweile zehn Jahren als Rikschafahrer unterwegs: Zweieinhalb Wochen strampelt er mit oft sehr feuchtfröhlichen Menschen auf der Rückbank durch die Stadt. Und er hört und sieht Dinge, die mancher kaum glauben mag oder will. Anlass für ihn, tiefer einzutauchen in den Mythos dieses größten Volksfestes der Welt und hinter die Kulissen zu blicken. Gemeinsam mit Co-Autor Simon Garschhammer und dem Produktionsteam von Studio Bummens hat er den Podcast „Das Lederhosen- Kartell“ entwickelt, der an diesem Sonntag um elf Uhr, pünktlich zur Öffnung der Bierzelte, mit gleich zwei Folgen an den Start geht. Immer sonntags wird eine weitere Episode veröffentlicht, die jeweils einen Aspekt rund um das Oktoberfest in den Mittelpunkt stellt.
Und nein, was man hier zu hören bekommt, ist nicht das Übliche, was man auch bei Google nachlesen könnte. Es sind Geschichten und Anekdoten rund um die Wiesn-Schickeria, um die Strippenzieher, den Geldadel, die Promis und die unzähligen „Adabeis“. Storys, die man sich eher zuraunt als öffentlich erzählt. Bis jetzt, denn Gutsfeld geht all dem auf den Grund.
Und so erfährt man, wie es dazu kam, dass aus dem traditionellen Volksfest eine weltbekannte Sause wurde, die sich internationale Stars wie Orlando Bloom, Kevin Spacey, Justin Bieber oder Kim Kardashian nicht entgehen lassen wollen. Wie das Käfer-Zelt auf die Wiesn kam und was Baby Schimmerlos damit zu tun hat. Wem wir die moderne Dirndl-Mode zu verdanken haben. Und wo die wirklich exklusiven After-Wiesn-Partys stattfinden.
Gutsfelds Geschichten, von denen wir zwei Episoden vorab hören konnten, sind ein Mix aus Erzählung, aus O-Tönen, Atmosphäre, Musik und Interviews – eigenen wie auch aus den Archiven. Eine Fleißarbeit, das hört man. Manches Detail wäre da wohl kürzbar gewesen, doch lohnt sich das Dranbleiben. Dann ist man dabei, wenn der Rikschafahrer Gutsfeld mit anonymisierten, aber echten Fahrgästen plaudert. Oder er und sein Team versuchen, in den berühmten VIP-Bereich der Käfer-Schänke vorzudringen – und nach zehn Minuten wieder hinausfliegen.
Nicht mehr weghören möchte man auch, wenn Alexios, Hausdealer im ehemaligen After-Wiesn-Hotspot „Heart“, im Beisein seines Anwaltes aus seinem bewegten Leben plaudert. Man staunt über die anfängliche Naivität der Ermittler, über den klugen Staatsanwalt, und lauscht Nikias, dem Betreiber des Clubs und DJ, wie er jene Nacht im Frühjahr 2019 erlebte, als 160 Einsatzkräfte den Laden stürmten. Und man möchte kaum glauben, dass korrupte Polizisten keine Erfindung aus Film und Fernsehen sind.
Bitte mehr von diesen Storys, die man so noch nicht gehört hat! Doch Vorsicht, danach sieht man das Volksfest womöglich mit anderen Augen. Noch ein Tipp: Genießen Sie die Geschichten rund um „Das Lederhosen-Kartell“ am besten nüchtern, sonst könnten Sie etwas verpassen. Überall, wo es Podcasts gibt.