Es geht um deutsch-türkische Realitäten, um eine toxische Liebesgeschichte oder um das Aufwachsen in den Wendejahren. Sechs Romane haben es in die diesjährige Endrunde des Deutschen Buchpreises geschafft – gestern hat die Jury die mit Spannung erwartete Shortlist in Frankfurt veröffentlicht. Nominiert sind also Necati Öziri, Terézia Mora, Anne Rabe, Tonio Schachinger, Sylvie Schenk und Ulrike Sterblich.
Der prominenteste Name auf der Liste ist sicher Terézia Mora, die bereits 2013 den Buchpreis gewann. Die in Ungarn geborene Autorin ist diesmal mit ihrem Roman „Muna oder Die Hälfte des Lebens“ dabei, der von einer vergifteten Liebe erzählt. „Moras schnörkellose, lakonische Prosa entfaltet vom ersten Satz an einen Sog, dem man sich nicht entziehen kann“, betont die Jury.
Es sind auch zwei Newcomer vertreten: Der Berliner Autor Necati Öziri bildet in seinem Debüt „Vatermal“ deutsch-türkischen Alltag ab und fängt zugleich den Sound der Straße ein. Der Roman sei wütend, schlagfertig, witzig und zart, befindet die Jury. Anne Rabe erzählt in „Die Möglichkeit von Glück“ von der Migration aus der verschwundenen DDR in den Westen. Die Juroren loben die scharfe Analyse von Rabes Prosadebüt. Es sei „ein aufrüttelnder Beitrag zu aktuellen Debatten über die Ursprünge von Gewalt und Menschenfeindlichkeit“.
Tonio Schachingers Roman „Echtzeitalter“ erzählt die Geschichte des Wiener Gymnasiasten Till. Es geht um den Zerfall einer Familie, um Freundschaften, die erste Liebe und einen diabolischen Klassenlehrer. Dem in Wien lebenden Schachinger, der 1992 in Indien geboren wurde, gelinge das Kunststück eines Coming-of-Age-Romans, der ebenso einfühlsam wie dezent sei, urteilt die Jury.
Die französisch-deutsche Autorin Sylvie Schenk begibt sich mit „Maman“ auf eine Spurensuche, die zur Lebensgeschichte ihrer Mutter und zu ihren eigenen Wurzeln führt. Dabei verwebe sie kunstvoll Fakten und Fiktion. Der Berliner Politologin und Autorin Ulrike Sterblich gelinge derweil mit „Drifter“ ein „einziger furioser Ritt“. Laut der Jury handelt es sich um eine bitterböse Satire auf den Literaturbetrieb, die PR-Branche, Kunst, Social Media, Aktienmanager und Heldenverehrung. Gleichzeitig erzähle das Buch von einer tiefen Männerfreundschaft. Der Roman sei „eine meisterhafte Geschichte über das große Nichts“.
Heuer hatte die siebenköpfige Jury insgesamt 196 Romane von 113 deutschsprachigen Verlagen gesichtet. Der Gewinner oder die Gewinnerin wird bei der Preisverleihung am 16. Oktober, zum Auftakt der Frankfurter Buchmesse, verkündet. Der Preis, der seit 2005 verliehen wird, gilt als eine der wichtigsten Auszeichnungen der Buch-Branche. Der Sieger oder die Siegerin erhält 25 000 Euro, die übrigen Autoren der Shortlist je 2500 Euro.