Großes Kino für große Opern

von Redaktion

Die neue Saison der Übertragungen aus dem Londoner Royal Opera House startet

VON TOBIAS HELL

Ein neuer „Ring“ ist immer etwas Besonderes. Dies gilt selbst für einen traditionsreichen Musentempel wie das Londoner Royal Opera House Covent Garden, das sich nach zwei Jahrzehnten nun wieder an Wagners Tetralogie wagt. Und dies vor den Augen der Welt. Startet mit der Live-Übertragung von „Das Rheingold“ heute doch gleichzeitig die diesjährige Kinosaison der Royal Opera, dank der man sich an acht ausgewählten Terminen ein Bild von dem machen kann, was im ersten Opernhaus des Vereinigten Königreichs geboten wird.

Dass zum Auftakt ausgerechnet eine Produktion von Barrie Kosky zu erleben sein wird, macht die Sache noch delikater. Schlug er doch jüngst hohe Wellen mit einem Interview in der „New York Times“. Dort hatte er zu Protokoll gegeben, Live-Streamings seien das größte Desaster für die Opernwelt. „Wir sollten Menschen nicht dazu ermutigen, Oper in zwei Dimensionen zu sehen. Jetzt, nachdem ich kein Intendant mehr bin, kann ich es sagen. Mein Job ist es, Menschen für ein Live-Erlebnis ins Theater zu locken.“

Aber es kann sich eben nicht jeder leisten, in einen Flieger nach London zu steigen. Und es bleibt nicht auszuschließen, dass bei dem einen oder der anderen durchs Kino die Neugier geweckt wird, dem heimischen Theater mal wieder einen Besuch abzustatten, um in die dritte Dimension vorzudringen. Wie die Produktionen, die Kosky einst selbst als Intendant der Komischen Oper Berlin streamen ließ, könnte auch dieses „Rheingold“ dafür eine gute Einstiegsdroge sein.

Denn sein Vorabend zum „Ring“ ist eine überaus dicht gearbeitete Inszenierung, die auf reduzierter Bühne ihre großen Show-Effekte sehr kalkuliert einsetzt und sich vor allem auf die Figuren konzentriert. Mit hervorragenden Sängerdarstellern wie Christopher Maltman als Wotan oder Sean Panikkar als Loge, deren ausdrucksstarkes Spiel jeder Nahaufnahme standhalten sollte.

Langweiliges Rumstehen gibt es bei Kosky nicht. Wer auf der Bühne ist, muss präsent sein. Darin lag auch für Dirigent Sir Antonio Pappano der Reiz, diesen „Ring“ in Angriff zu nehmen: „Bei aller Ernsthaftigkeit, mit der wir arbeiten, und bei aller Tiefgründigkeit dieses Werkes, sind wir immer noch im Showbusiness. Wir wollen den Menschen etwas geben, das sie zum Nachdenken bringt, sie irritiert. Aber wir wollen ihnen auch Freude bringen und sie gut unterhalten.“

Musik und Szene lassen sich für den am Premierenabend zu Recht umjubelten Dirigenten dabei nicht trennen. Denn seine prägenden Erlebnisse mit dem Werk hatte Pappano einst in der Frankfurter Ruth-Berghaus-Produktion als Assistent von Michael Gielen; sowie in Bayreuth, wo er im Premierenjahr von Harry Kupfers „Ring“ die rechte Hand von Daniel Barenboim war. „Ich habe diese vier Opern nicht nur durch große Dirigenten, sondern auch durch große Regisseurinnen und Regisseure kennengelernt.“ Und dass er ein echter Teamplayer ist, daran lässt der scheidende Chefdirigent bei seinem zweiten Londoner Anlauf an die Tetralogie keinen Zweifel, wo im Graben immer wieder neuen Details nachgespürt wird. „Es ist vielleicht merkwürdig, ausgerechnet zum Abschied einen ‚Ring‘ zu beginnen. Aber das bindet mich eben weiter an mein Haus. Das war mir sehr wichtig.“

Teilnehmende Kinos

unter rohkinokarten.com.

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