Schmetterlinge im Bauch

von Redaktion

Elke Heidenreich stellte im Literaturhaus ihr neues Buch vor

VON KATJA KRAFT

Hansi ist da! Hansi von Seite 9 in Elke Heidenreichs Büchlein „Kolonien der Liebe“ (1992). Dort steht es, schwarz auf weiß: Hansi war ihr erster Freund. Heute sieht er eher aus wie ein Hans. Aber seine Augen leuchten am Mittwochabend im Literaturhaus München wie damals, als sie zusammen erstmals Schmetterlinge in ihre Jugendbäuchlein flattern ließen.

Hans S., wie Heidenreich inzwischen Anfang 80, sitzt also in Reihe eins an diesem Abend. Die guten Feen des Literaturhauses haben ihn direkt vor der Bühne platziert. Vielleicht, weil auch sie ein bisschen aufgeregt sind, wie das Wiedersehen verlaufen wird. Nach all den Jahren. Hans S. ist vom Ammersee angereist und versucht sich vor Beginn der Lesung im Gespräch mit unserer Zeitung daran zu erinnern, wieso sie sich irgendwann aus den Augen verloren haben, die beiden. Was zwischen sie und ein Wiedersehen gekommen ist. Das Leben, vermutlich.

Dann Auftritt Heidenreich. Trotz leichter Erkältung gut aufgelegt wie eh und je. Sie ist, das müssen wir zugeben, nicht wegen Hansi gekommen. Sie weiß ja gar nicht, dass er da sitzt, im ausverkauften Saal. Sie ist gekommen, um ihr neues Buch „Frau Dr. Moormann und ich“ (Hanser) vorzustellen. Das ist wie berichtet Ende August erschienen – und liegt jetzt bereits in dritter Auflage vor. Auch der Büchertisch ist nach der Lesung innerhalb von Minuten ausverkauft. Und das liegt nicht daran, dass bei der Lieferung gegeizt worden wäre. Wenn die 80-Jährige etwas Neues schreibt, wird das gelesen. Warum? Wegen herzerwärmender Geschichten wie eben ihrer neuen, der über Frau Dr. Moormann, Mops und Bären.

Ausgerechnet am Weltkindertag stellt sie es vor, dieses Kinderbuch, das ja eigentlich gar kein reines Kinderbuch ist. „Das tut nur so.“ Sie liest alle 87 Seiten. Denn heute wird mitgeschnitten. Ein Hörbuch soll aus dieser Lesung entstehen. „Wenn Sie jetzt laut rufen: ,Aufhören!‘ oder ,Das ist kein Kinderbuch!‘, dann wird das alles aufgenommen. Also: Sie müssen selbst wissen, was Sie mir antun wollen“, meint Heidenreich trocken – und setzt damit den Grundton des Abends: viel Lachen, Wärme und ganz viel Lebensklugheit gibt’s. Ach, wie schön sie vorlesen kann mit ihrer Radiostimme. Toll schreiben ist ja das eine, die Zeilen dann derart schwungvoll zum Leben zu erwecken: der Honig auf der Bärenschnauze.

Nach 70 flotten Minuten: Standing Ovations, Jubel, Trubel, Heiterkeit. Der handfesten Nordrhein-Westfälin ist das unangenehm, schnell an den Büchertisch. Und nun, endlich: Wiedersehen mit Hansi. Kurz ist sie geblendet vom Gegenlicht. Aber dann: Mensch, der Hansi. „Wir haben damals getanzt. Und uns geküsst!“ Sagt’s, steht auf und drückt ihm ein dickes Bussi auf die Wange. Der Vergangenheit mit Liebe begegnen – was man von Elke alles lernen kann.

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