Die Kunst, die AnNa R. in der gut besuchten Münchner Muffathalle auf die Bühne bringt, ist zweifelsohne altmodisch – aber im besten Sinne des Wortes. Wunderbar nostalgisch, mit gestrenger Wasserwelle und mit Diadem im Haar, steht, sitzt und singt sie im schwarz-grünen Karokleid ihre Lieder. In der teilweise bestuhlten Halle herrscht Salon-Atmosphäre. Die Musiker spielen Cello und Harfe, und die Hits von AnNas einstiger Band Rosenstolz wärmen das Herz.
Viel Berlinerisch und viel Sächsisch schwirrt vor dem Konzert durchs Publikum. Pärchen in allen Konstellationen sind gekommen, und alte Fans, die mit mehr als zehn Jahren Verspätung noch einmal das Rosenstolz-Gefühl erleben wollen. Die 53-Jährige startet mit dem sehr gelungenen Elektropop-Song „Hinterm Mond“ von ihrem ersten Solo-Album „König:in“ (wir berichteten). Aber ihr Repertoire zwischen Göre und Diva, für das sie sich auch mal elegant auf einem Barhocker drapiert, hat noch viel mehr zu bieten.
Die Grande Dame hat daheim aufgeräumt und durchgefeudelt, wie sie erzählt – und beim Saubermachen in den Ecken viele alte Schätzchen wie die Rosenstolz-Hits „Sanfter Verführer“ und „Herzensschöner“ gefunden. Den Spät-DDR-Klassiker „Über ihr taute das Eis“ der Band Silly, bei der sie zuletzt vertretungsweise gesungen hat, hat AnNa R. ebenfalls abgestaubt – der Grusel-Text fasziniert auch heute noch. Als Zugabe macht sie die Fans mit „Wo bist du?“ von Rosenstolz noch ein bisschen glücklicher. Da bleibt nur das treffende Fazit der Berliner Sängerin, dem wohl alle zustimmen können: „Ich freu mich janz dolle.“ JÖRG HEINRICH