Die Grundrechenarten hat Ed Sheeran abgehakt, seit im Mai mit „Subtract“ der letzte Teil seiner triumphal erfolgreichen Mathematik-Vertonungen erschienen ist. Nach Platte und Stadiontour wollte Englands Folkpop-Darling erst einmal kürzertreten. Schließlich warten daheim Gattin Cherry und die kleinen Töchter Lyra Antarctica und Jupiter. Schlussendlich war es Sheeran dann aber doch nicht genug, nur seine drei Damen zu herzen. Er liebkost auch wieder seine Fans – mit dem Überraschungsalbum „Autumn Variations“, das es wie gewohnt auf Platz eins der britischen und deutschen Charts geschafft hat (wir berichteten).
Ed Sheerans Variationen über den Herbst – das klingt nach Vivaldi. Die Inspiration für sein siebtes Studioalbum stammt aber vom englischen Komponisten Edward Elgar. Die Münchner kennen ihn von der „Night of the Proms“, von seinem famosen Gassenhauer „Pomp and Circumstance Marches“. Elgar hat 1899 die „Enigma Variations“ komponiert, 14 Stücke, von denen jedes einem seiner Freunde gewidmet war.
„Das hat mich auf die Idee gebracht“, verrät Englands singender Nationalheld Sheeran, der auf der Platte beschreibt, was sich „nach der Hitze des Sommers“ in seinem Leben und in dem seiner Freunde verändert hat. Das Album ist ohne große Vorankündigung, ohne Singles erschienen – und leider auch ohne große Hits. Die Stimmung ist eher nebelverhangen, die brillanten Songs schießen diesmal nicht aus dem Boden wie die Schwammerl im Herbst.
Balladen wie „Magical“ oder „When will I be alright“ fallen sachte zu Boden wie das Laub von den Bäumen. Und wenn Sheeran etwas mehr Gas gibt, wie in „Amazing“ oder der England-USA-Romanze „American Town“, klingt das hübsch, ist aber weit entfernt von der Magie eines „Shape of You“ oder „Shivers“. Ed Sheeran gönnt seinen Fans kein Oktober-Fest.
Die britische Zeitung „The Guardian“ lästert über „einfallslose und unoriginelle Musik mit halbherzigen Texten“. Wobei: Ganz so verkehrt ist das Album definitiv nicht. Aber es bleibt zu hoffen, dass Ed Sheeran mit seinen Frühlings- und Sommer-Variationen, die 2024 folgen könnten, wieder buntere, lebendigere, wärmere und abwechslungsreichere Musik einfällt.
Ed Sheeran:
„Autumn Variations“ (Warner).