Ist sie wirklich erst ein Jahr her, die Wiedereröffnung des Diözesanmuseums Freising? Nein, länger: Ein Jahr – und viele Wunder. Museumsdirektor Christoph Kürzeder kann eine ganze Reihe davon aufzählen. Und tut’s in seiner gewohnt humorvollen Art am Samstagnachmittag auf dem Domberg. Die Freisinger laden zur Vernissage. Wieder einmal. Es ist beachtlich, wie Kürzeder und sein Team in Irrsinnsgeschwindigkeit immer weitere Ausstellungen eröffnen, immer qualitätsvoll, immer sehenswert.
Manchmal, gesteht der Museumschef, könne man schon verzweifeln. Wenn man beispielsweise bestimmte Werke zur neuen Schau über Franziskus von Assisi aus Florenz oder Rom anfragt – und keiner der Leihgabe-Wünsche in Erfüllung geht. „Aber wir sind schließlich katholisch und haben uns deshalb nicht zufrieden- gegeben mit den Absagen. Sondern hofften auf: ein Wunder.“ Und siehe, es geschah. Sie sind hier dem Himmel eben doch ein bisschen näher.
Und, zugegeben, haben mit Kardinal Reinhard Marx einen Fürsprecher, der schon einmal das ein oder andere nette Briefchen an Kollegen schickt, damit sie Werke zur Reise nach Freising lockermachen. Das Tafelbild von Pescia beispielsweise, das bereits neun Jahre nach dem Tod des heiligen Franziskus entstanden ist und deshalb zu seinen frühesten und bedeutendsten Bildzeugnissen überhaupt gehört. Wurde noch nie außerhalb Italiens gezeigt. Bis jetzt. Der zuständige Bischof hat die Bitten des Kardinals aus München erhört. „Das Netz der Brüderlichkeit waltet auch zwischen den Bischöfen“, meint Kürzeder freudig dazu. Trockener Zwischenruf von Marx: „Manchmal.“
Die Ausstellung zu Franziskus von Assisi (1181 oder 1182 bis 1226) umfasst Meisterwerke von Tizian bis Caravaggio, dazu zeitgenössische Interpretationen aus Film und Literatur. Je intensiver man sie betrachtet, desto besser kann man auch als Nicht-Katholik nachvollziehen, weshalb dieser „Poverello“, dieser kleine Arme, wie Franziskus schon zu Lebzeiten genannt wurde, eine solche Anziehungskraft auf die Menschen hat. Er stillt die Sehnsucht nach Ruhe, wenn die Welt allzu chaotisch ist. Nichts haben müssen im Konsumzirkus – dieses Ideal ist aktueller denn je.
Doch Kardinal Marx ist nicht allein wegen des heiligen Franziskus gekommen. Sondern auch, um ein neues Gebäude einzuweihen. Die internationale in Nürnberg geborene Künstlerin Kiki Smith hat eine Kapelle entworfen und mit den Architekten Brückner & Brückner errichtet. Sie wurde nun zusammen mit der Kiki-Smith-Schau „Empathy“ eröffnet.
Die Form des ovalen Kirchenfensters, in dem ein kunstvoller Mond Tag und Nacht scheint, erinnert an die andere Kapelle, die im Inneren des Museums. Gestaltet von James Turrell – und seit der Einweihung ein Publikumsmagnet. Der Andrang am Samstag zeigt, dass auch die Kiki-Kapelle zum Anziehungspunkt werden wird. Man wünscht jedem, der sie sehen möchte, etwas Zeit allein in dem kleinen Raum. Einen Ort der Zuflucht wollte Smith schaffen, gewidmet der Schutzmantelmadonna. Einem Schutzmantel gleich soll auch die Kapelle auf jeden Besucher wirken. Darin ein Umhang, Sterne, eine Friedenstaube. Eingetaucht in das durchs Fenster fallende Sonnenlicht. Ein magischer Ort. Wunder-voll.
Öffnungszeiten
Beide Ausstellungen sind bis 7. Januar 2024 zu sehen; Di. bis So. 10 bis 18 Uhr.