Das beste Album von R.E.M. ist eine akustische Heizdecke. Als „Automatic for the People“ 1992 erschien, war Grunge en vogue. Doch die Band um Sänger Michael Stipe scherte sich nicht um Krach-Gitarren – es herrschte akustischer Wohlklang, auch wenn es in den Texten um Tod und Verlust ging. Die Songs sind wunderschön, überwiegend Balladen. Im anrührenden „Man on the Moon“, einem Stück über den US-Komiker Andy Kaufman, zieht Stipe gekonnt dessen Elvis-Persiflage ab. Die Tränentreiber „Everybody hurts“ und „Nightswimming“ lassen die Grenze zum Kitsch weit hinter sich – aber: Hat wer ernsthaft was gegen Kitsch? Die ursprünglich spröde Gruppe aus Georgia hatte sich schon zuvor als Sensibelchen präsentiert, und sie griff nach dem Riesenerfolg von „Automatic“ immer wieder auf dieses Rezept zurück. Doch nie wieder gelang ihr ein Album so sehr aus einem Guss und von derart zeitloser Brillanz. Nach gut 30 Jahren wird die Scheibe nun auf sonnengelbem Vinyl wiederveröffentlicht. lö