„Wir sind gekommen, um zu bleiben“, erklärt Michael Mittermeier begeistert. Und wenn er „Wir“ sagt, dann meint er die wahrscheinlich bissigste Zwischennutzung, die dem Gasteig hätte passieren können. Denn hier, im Carl-Amery-Saal, hat sich der bayerische Comedy-Papa innerhalb von nur drei Monaten einen lang gehegten Traum verwirklicht und am Donnerstag den Lucky Punch Comedy Club eröffnet.
„Das Herz dieses Clubs ist die Münchner Szene, die so geil ist!“, strahlt der neue Nutznießer der Interimsherrschaft der Fat Cat GmbH. Sechsmal die Woche wird dieses Herz nun abwechselnd mit etablierten Gästen und Neulingen schlagen, ganz nach dem Motto: „Wenn ein Auge lacht und eins weint, ist eins davon wahrscheinlich entzündet.“
Der das spricht, ist erst seit sieben Jahren in der Stadt, besitzt also noch reichlich Energie, um sich aufs Köstlichste über die Münchner Spezies zu wundern. Max Osswald ist der junge Opener dieser Opening-Stand-up- Mixed-Show. „Ich bin Comedian, Autor und dementsprechend eine Enttäuschung für meine Eltern.“ Noch dazu ist er Schwabe. Doch er weiß: Wenn’s einem so richtig schlecht geht, braucht’s nur eine Fake-Annonce für ein „geiles und günstiges WG-Zimmer“, und die Casting-Gespräche, bei denen mal ausnahmsweise nicht er „halb Mensch, halb Schufa-Auskunft“ sein muss, ziehen ihn wieder hoch.
Erst eine gefühlte Viertelstunde dauert dieser erste glückliche Schlagabtausch, doch die Stimmung im kleinen Club-Saal, angeheizt durch Host Hans Thalhammer, ist in voller Fahrt. Daran kann auch Ana Lucia nichts ändern: Die 23-jährige Münchnerin, die von nun an immer donnerstags hier zu erleben ist, hat sich das Image „Latina in Deutschland“ auf die zierlichen Fahnen geschrieben und spielt jetzt mit dem Kontrast zum Klischee. Überdies sehnt sie sich im WhatsApp-Wahnsinn nach Rückzug, aber: „Krank sein in ’nem Start-up ist wie sich outen in der Familie.“
Und ja: Maxi Gstettenbauer ist der größte Rampen-Eber der Show, aber in Sachen Timing und Effizienz ist es halt auch sauschwer, diesem derb männlichen Straubinger Ego mit dem feixenden Grinsen eines Fünfjährigen etwas vorzumachen. Außerdem sorgt er für die größte Lachsalve des Abends, wenn er erzählt, wie jemand den „Arielle“-Kinotrailer kommentiert: „Die ist schwarz – voll unrealistisch!“ Pause. Gstettenbauer: „Also mich macht die Flosse skeptisch.“ Zugereist sind Kawus Kalantar aus Berlin und Tahnee aus Köln. Zusammen mit Mittermeier bilden sie in der zweiten Hälfte ein weit abgebrühteres Kaliber. Was nicht schlechter ist und auch nicht besser – an diesem Abend ist einfach für jeden was dabei. Musikerin Gudrun Mittermeier spricht von Familienbetrieb, und irgendwie fühlt es sich auch tatsächlich so an: innig, einig, mitreißend.
Nur der Gastgeber traut sich in die Politik, räumt auf mit der Schönrednerei und gönnt sich mit den zugelassenen 25 Gramm Cannabis sein ganz persönliches Osterwunder: „Ich war zwei Tage weg … wie Jesus!“ Mittermeier stellt fest: „Die Lunte ist so kurz geworden.“ Wie wahr. Die Gemüter im Land sind aktuell bei vielen Themen schnell entflammbar, das bekommt auch die Comedy-Szene zu spüren. Vielleicht die Chance, um mit ihren Botschaften breiter und vielschichtiger denn je zu wirken. Die Steilvorlage im Lucky Punch war jedenfalls ein höchst verheißungsvoller Beginn.
Weitere Informationen
online unter luckypunch-comedyclub.de.
Sechsmal die Woche soll es hier tränende Augen geben