Szenen einer Musiker-Ehe

von Redaktion

Aki Takase und Alexander von Schlippenbach jazzen heute in München

VON REINHOLD UNGER

Zusammen verkörpern sie 160 Jahre Jazzgeschichte: Alexander von Schlippenbach (85) und Aki Takase (75). Der studierte Komponist, zugleich einer der Gründerväter des deutschen Free Jazz, und die seit den Achtzigerjahren in Berlin lebende gebürtige Japanerin haben viele Gemeinsamkeiten. Beide sind eigenwillige Piano-Virtuosen, für beide sind eine tiefe Verwurzelung in der Jazztradition und ein gleichzeitig unbekümmert freier Umgang damit keine Gegensätze. Beide können auf eine auf zahlreichen Tonträgern dokumentierte, beeindruckende Karriere zurückblicken, aber auch auf ein langes gemeinsames Leben, Takase und Schlippenbach sind seit Jahrzehnten verheiratet.

Heute Abend wird die mutmaßlich bedeutendste eheliche Verbindung zweier Musikerpersönlichkeiten in Deutschland seit Robert und Clara Schumann im Schwere Reiter in München ein gemeinsames Konzert geben: vierhändig an einem Flügel. Wir haben dem Paar vorab ein paar Fragen gestellt.

Sie haben in der Vergangenheit wiederholt Konzerte gegeben, auch in München, bei denen Sie sich an zwei Klavieren ergänzt haben. Warum nun vierhändig an einem Instrument?

Takase und Schlippenbach, einander selbstkritisch ergänzend: „An zwei Klavieren ergeben sich bei unserer Musik oft Tautologien und Pleonasmen. An einem Instrument kann man die Möglichkeiten durch die Aufteilung der Tastatur bewusster und besser ausloten.“ Bei ihrem Münchner Konzert, so das Pianisten-Paar weiter, würden sie sowohl Eigenkompositionen von beiden interpretieren als auch frei improvisieren. Und beide werden, so darf man vermuten, im Laufe des Abends auch jeweils ein Stück allein spielen, um so ihren jeweils sehr ausgeprägten Individualstil ins Licht zu rücken.

Welche Pianisten waren für Sie als Vorbilder oder auch zur konstruktiven Auseinandersetzung damit besonders wichtig?

Takase: „Monk und Ellington. Man kann nicht über Jazz ohne Ellington und Monk sprechen! Ich respektiere ihre musikalischen Leistungen nach wie vor, denn sie vermitteln die Essenz des Jazz.“ Schlippenbach: „Thelonious Monk, Oscar Peterson, Cecil Taylor.“ Tatsächlich finden sich die Eigenheiten dieser drei Piano-Großmeister, unterschiedlich stark gewichtet, im Spiel beider Pianisten: die schrullige Kantigkeit Monks, das unwiderstehlich swingende Momentum Petersons, die sich über die gesamte Tastatur erstreckenden atonalen Klanggebirge Taylors. „Wir spielen seit über 30 Jahren zusammen“, erklären Takase und Schlippenbach übereinstimmend, „wir kennen unsere Fähigkeiten und bemühen uns, sie bei unserem vierhändigen Programm auf einen Nenner zu bringen.“ Wie gut ihnen das gelingt, belegt das im Frühjahr auf CD und Vinyl erschienene Album „AAPD Four Hands Piano Pieces“. Es dürfte also ausgesprochen reizvoll sein, diese mal harmonischen, mal spannungsgeladenen „Szenen einer Musiker-Ehe“ live zu verfolgen.

Weitere Informationen:

www.schwerereiter.de.

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