Genau so muss das laufen – damit es weiter läuft im Theater. Stefan Hunstein, seit 2022 Leiter der Abteilung „Darstellende Kunst“ der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, lud am Freitag zur „Publikumsbegrüßung“. In Anlehnung an Peter Handke gab’s dann aber auch jede Menge freundliche Beschimpfung. Ein Glück! Munter wurde an diesem Debattenabend klar und ohne Heititeiti-Drumherumgerede diskutiert, was getan werden muss, damit die deutschsprachigen Bühnenhäuser Orte der kritischen Auseinandersetzung, des Denkens, Fühlens, auch: der Unterhaltung für möglichst viele Menschen bleiben.
Unterhaltung? „Entertainment“ gar? Allein bei dem Wort wird manch konservativem Geist angst und bange. Zu Recht weist eine Besucherin im ausverkauften Saal darauf hin, dass aber gerade der Aspekt von Kurzweil und Vergnügen auch beim Theater bitte schön mitgedacht werden darf, ja muss. Die Angelsachsen machten vor, dass Intellektualität und Amüsement einander nicht ausschließen, im Gegenteil: sich gegenseitig sehr befruchten können.
Einen „langen Debattenabend“ hatten Hunstein und sein Team angekündigt. Doch das galt nur für den zeitlichen Rahmen (18 Uhr bis Mitternacht). Langweilig wurde es hier nie. Weil rege Beteiligung aller ausdrücklich erwünscht war – und jede und jeder im Raum oder per Livestream von daheim aus diese Einladung engagiert annahm. In drei Gesprächsrunden ging es um Saal-Auslastungen und wie sie allgemein erhöht werden können; wie man die Jungen lockt, ohne die Alten zu vergraulen; um Spielpläne, die Wohlvertrautes und Neues, Drängendes von Heute vereinen.
Und insbesondere darum, wie viel Nische sich eine Stadt leisten möchte/muss. Stefan Meissner, ehemals Vorstand der Freunde des Residenztheaters, unterstrich mit Blick auf Intendantinnen und Intendanten, die stur ihr Programm durchziehen und damit „das Haus leer spielen“, dass Theater kein Selbstzweck sei. „Zum Schluss mache ich es fürs Publikum – und ohne das funktioniert’s nicht.“ Sabeth Wallenborn-Honigmann, Vorsitzende des Fördervereins der Kammerspiele, betonte indes: „Wir haben die Verpflichtung, neue Wege zu gehen – und wenn sie schwer sind, sind sie auch holprig.“
Nach diesem anregenden, leidenschaftlichen Abend fürs Theater hat man so das Gefühl: Egal, wie schwer oder holprig – die Blumen, die an diesen Wegen wachsen, sind so bunt, duftend und schön, dass die, die darauf wandern, davon bestärkt jeden noch so großen Stein beiseiteräumen.