Es geht um Hochstapelei, es wird gelogen und betrogen und auch das Briefgeheimnis verletzt – im neuen Stück der Laienschauspielgruppe der Justizvollzugsanstalt in Straubing (JVA) dreht sich alles um einen falschen Beamten und um Kleinstädter, die reichlich Dreck am Stecken haben. Die Premiere von „Der Revisor“ nach Nikolaj Gogol ist am 4. November. Regisseur ist Sebastian Goller. Die Schauspieler sind Häftlinge.
Im Straubinger Gefängnis sitzen Häftlinge ein, die langjährige oder lebenslange Strafen verbüßen. Die letzte Spielzeit liegt wegen der Corona-Pandemie einige Zeit zurück: Seit 2019 gab es keine Aufführungen mehr. Entsprechend groß ist die Anspannung. Der Hauptdarsteller, der den falschen Beamten spielt, gehört zu den Routiniers der Gruppe. Die Leute seien ehrgeizig, sagt er. „Ich will hier Leistung bringen.“ Das Publikum zahle schließlich Eintritt. Rund acht Monate Vorbereitungszeit liegen hinter ihnen. In der Woche vor der Premiere probt man fast täglich. Blamieren will sich hier keiner. Das strengste Publikum sitzt bei der Generalprobe in den Zuschauerreihen der JVA-Turnhalle – die Mitgefangenen.
Die Stückauswahl spielt ein wenig mit der Umgebung, in der es aufgeführt wird. Etwa wenn der falsche Beamte fürchtet, man könnte ihn ins Gefängnis werfen oder wenn der bestechliche Bürgermeister fleht: „Herr, sei uns Sündern gnädig.“ Regisseur Goller sagt, er habe sich früher keine Gedanken über das Thema Resozialisierung gemacht. Seit er 2019 die Leitung des Ensembles übernahm, sei ihm bewusst, wie wichtig es für die Häftlinge sei, in ihrer Freizeit Kurse zu belegen und sich vom Alltag abzulenken. Bei der Theaterarbeit lerne er die Menschen hinter den Taten kennen. „Ich habe mir die Frage gestellt: Kann ich mir vorstellen, dass einer mein Nachbar ist? Und ja, das kann ich.“ dpa