„The End“ – dieser letzte Song, den alle vier Beatles gemeinsam im Studio aufgenommen haben, bedeutete 1969 auf dem „Abbey Road“-Album eigentlich schon den Abschied der Fab Four. Doch erst jetzt, 54 Jahre später, fällt tatsächlich der Vorhang. Gestern Nachmittag hat „Now and then“ Weltpremiere gefeiert, die letzte Beatles-Single, auf der John, Paul, George und Ringo zusammen zu hören sind.
Die größte Band aller Zeiten verabschiedet sich mit einer gelungenen Ballade, die melancholisch beginnt und beinahe pompös endet – und die bei Beatles-Fans garantiert für Gänsehaut sorgen wird. Auch die eine oder andere Träne geht absolut in Ordnung, wenn John Lennon und Paul McCartney ein letztes Mal gemeinsam zu hören sind.
Möglich macht das eine von „Herr der Ringe“-Regisseur Peter Jackson entwickelte Künstliche Intelligenz (KI), die er schon für die Beatles-Doku „Get back“ auf Disney+ verwendet hat. Sie trennt John Lennons Stimme auf der rudimentären Demo des Songs, die er Ende der Siebzigerjahre in seinem New Yorker Exil mit einem Kassettenrekorder aufgenommen hat, vom beinahe unbrauchbaren Piano. McCartney erinnert sich an den Moment, als er dank KI zum ersten Mal den „puren“ John in exzellenter Tonqualität gehört hat: „Plötzlich war Johns Stimme da, kristallklar. Das hat sich unglaublich angefühlt.“ Jackson hat auch das Musikvideo zu „Now and then“ gedreht, das heute bei Youtube erscheint.
Nach viel Studio-Arbeit ist ein opulenter Song mit Streichern und kleinen Samples aus „Here, there and everywhere“, „Eleanor Rigby“ und „Because“ entstanden. Es gibt in diesen vier Minuten und acht Sekunden viel zu entdecken und zu hören für Beatles-Fans. Dafür sorgt neben McCartney und Ringo Starr vor allem Produzent Giles Martin. Der Sohn von Beatles-Musikgenie George Martin gilt seit seiner famosen Soundcollage „Love“ von 2006 als führender Experte fürs Restaurieren und Neubearbeiten von Beatles-Songs.
Die Lücken in Johns Demo, vor allem bei den Strophen, füllt Paul mit eigenen Ideen. Und weil George Harrison die ersten Arbeiten an „Now and then“ 1995 schnell wieder abgebrochen hat, weil er die Qualität der Aufnahme „großen Mist“ fand, ist von ihm nur die Rhythmusgitarre erhalten. Paul hat ein Slide-Guitar-Solo ganz im Stil Harrisons hinzugefügt, „als Tribut an George“.
Das Ergebnis ist anrührend und eingängig. John fleht mit dem typischen Hall seiner Siebzigerjahre-Aufnahmen, dass er Yoko nicht verlieren will („Komm immer zurück zu mir!“). Paul und Ringo sorgen für beinahe authentischen und psychedelisch angehauchten Beatles-Sound. Vorwürfe der Geschäftemacherei und des Tricksens mit einer alten Lennon-Aufnahme will Paul McCartney nicht gelten lassen: „Da wurde nichts künstlich geschaffen. Es ist alles echt, und wir alle spielen darauf. Das ist eine Beatles-Platte.“
Hübsch ist allemal, dass sich auf der Rückseite von „Now and then“ Giles Martins neuer Stereo-Mix der ersten Beatles-Single „Love me do“ von 1962 findet. So schließt sich der Kreis. Und diesmal ist es wohl tatsächlich so weit für John, Paul, George und Ringo: The End.
„Now and then“
ist jetzt als Stream zu hören sowie auf Vinyl, Kassette und CD im Beatles Store (destore.thebeatles.com) zu haben. Das Lied ist auch in der Neuauflage der Best-of-Alben „1962-1966“ und „1967-1970“ enthalten,
die am 10. November erscheinen.