Haakons gute Seiten

von Redaktion

Norwegens Kronprinz beschwört in München die verbindende Kraft der Literatur

VON MICHAEL SCHLEICHER

Es mag dem Protokoll dieses Dienstags geschuldet und damit also Zufall sein. Dennoch hat der norwegische Kronprinz gestern beim Besuch im Literaturhaus eine klare Botschaft dabei – und sorgt für einen starken Schlusspunkt seines Aufenthalts in München, der ersten Station seiner Deutschlandreise.

Am Vormittag war Haakon noch beim Panzerbauer Krauss-Maffei Wegmann (wir berichteten); nach Wirtschaft und Verteidigung ging’s zum Finale um die Kultur. Denn die habe eine besondere Fähigkeit, weiß der 50-Jährige: „In Zeiten der Konflikte zwischen Ländern, Menschen und Ideen kann Literatur eine andere, eine mächtige Form der Kommunikation darstellen.“ Bücher können Blicke weiten, mehr noch: „Gute Literatur schult die Empathie und bringt uns in die Lage, Menschen zu verstehen, die anders sind als wir.“ Haakon erwähnt Goethe, Schiller, Mann; so weit, so erwartbar. Er schlägt aber auch den Bogen zu Herta Müller und Jenny Erpenbeck, was zumindest von der Kenntnis seiner Redenschreiber zeugt. Natürlich vergisst er seine Landsleute nicht – immerhin besingen diese den Dichter Øyvind, der um 990 gestorben ist, in ihrer Hymne. So weit geht der Thronfolger jedoch nicht zurück: Ibsen wird gern gespielt; Jostein Gaarder brachte uns mit „Sofies Welt“ 1991 die Philosophie unterhaltsam nahe (und öffnete vielen seiner Kolleginnen und Kollegen die Tür zum deutschen Buchmarkt) und Jon Fosse wurde erst vor wenigen Wochen mit dem Literaturnobelpreis geehrt.

Zwei Büchermenschen geben im Anschluss an die Rede des Kronprinzen Einblicke in ihr Denken und Schreiben: Maja Lunde, die mit „Die Geschichte der Bienen“ 2015 den ersten Roman ihres „Klima-Quartetts“ vorlegte, der zum veritablen Bestseller wurde, sowie der Biologe und Sachbuchautor Dag Olav Hessen. Beide würden in ihren Werken klarmachen, „was wir durch den Klimawandel zu verlieren drohen und welche Risiken der Verlust von Bio-Diversität bedeutet“. Angesichts von Klimakrise und Umweltzerstörung plädieren beide Autoren für ein stärkeres individuelles Engagement. Wie das aussehen kann, erklärt Lunde so: „Manchmal mache ich einen Witz und sage, wir könnten sehr viele globale – und persönliche – Probleme lösen, wenn wir alle etwas mehr Gemüse essen würden, die Natur mehr wertschätzen würden – und mehr Bücher lesen würden.“ Kein Scherz. Fakt.

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