„Big Names“ machen „Big Publikum“. Für den Veranstalter Münchenmusik ging die simple Erfolgsformel am Montag einmal mehr auf: Beim Gastspiel des London Philharmonic Orchestra unter der Leitung von Edward Gardner jedenfalls war die Isarphilharmonie rappelvoll besetzt. Allerdings war vom britischen Dirigenten in der ersten Konzerthälfte fast nichts zu sehen. Versteckt hinter dem weit geöffneten Flügel, überließ er zunächst einem echten Big Name der Klassikszene die Bühne.
Tatsächlich aber ist Hélène Grimaud schlichtweg eine große Musikerin – weil sie nicht nur als herausragende Pianistin zu Werke geht, sondern als echte Persönlichkeit das gewisse Etwas auf die Bühne zaubert: Wild und ungezügelt ist die Französin, zugleich scheu und kommunikativ, freigeistig und fokussiert. So gelingt es ihr, auch Evergreens neu in Szene zu setzen – in diesem Fall Johannes Brahms’ erstes Klavierkonzert.
Die Partitur setzt nicht auf eine virtuose Herausstellung des Solo-Parts, sondern verschaltet diesen organisch mit dem Orchestersatz. Grimaud kreiert luftig bewegte Formen, die das Orchester mit saftigem Spiel grundiert – beides führt Gardner zu einem Klangergebnis zusammen, das mit dem glitzernden Pailletten-Anzug der Solistin um die Wette funkelt.
Ein fleischliches Spiel zeigt das London Philharmonic Orchestra auch nach der Pause in Brahms’ erster Symphonie, wo nun auch der Dirigent seine enorme Bühnenpräsenz unter Beweis stellen kann. Gardner verfügt über eine natürliche Eleganz, die zugleich zupackend und energetisch ist. Sehr bewusst drosselt und beschleunigt er das Spiel seines Orchesters und schafft so einen saftigen Klangfluss, von dem sich das Publikum genüsslich tragen lassen kann: von den pulsierenden Schicksalsschlägen der Eröffnung über die schmerzlichen und verspielten Passagen der beiden Mittelsätze, bis zum finalen Choral der Posaunen.