„Die Welt ist in Schieflage“

von Redaktion

Die Band dicht & ergreifend lehnt den Kulturpreis Bayern ab – und startet eigene Benefizaktion

VON KATRIN BASARAN

Es muss eine Überraschung für den Veranstalter gewesen sein. Und eine unangenehme dazu. Da wurde am Donnerstagabend zur Verleihung des Kulturpreis Bayern geladen – ausgerichtet von der Bayernwerk AG in enger Zusammenarbeit mit der Bayerischen Staatsregierung. Neben Eberhofer-Erfinderin Rita Falk, Karikaturist Dieter Hanitzsch und anderen sollten heuer unter anderem die Dingolfinger Kultmusiker von dicht & ergreifend den mit 5000 Euro dotierten Preis in Empfang nehmen.

Doch dann das: In schräg-schrillen Gewändern und mit coolen Sonnenbrillen ausgestattet betritt das Trio die Bühne in den Münchner Eisbachstudios: „Wir sind eine Band, die was zu sagen hat. Das durften wir hier nicht.“ Sprachen es und verließen den Saal, ein mindestens irritiertes Publikum samt Kunstminister Markus Blume (CSU) zurücklassend.

Was die Musiker eigentlich sagen wollten, wurde dann in einem Video deutlich, das noch am Donnerstag bei Youtube hochgeladen wurde – und nun alle Rekorde sprengt. „Da ist so ein Push drauf“, freut sich Bandmitglied Lef Dutti im Gespräch mit unserer Zeitung. Im Video-Vorspann heißt es: „Wir wollten diese Marketing-Live-Gala dazu nutzen, möglichst viel Geld für ein einheimisches, unabhängiges Hilfsprojekt in Burkina Faso zu generieren und über Wamo e.V. direkt an diese Initiative zu spenden.“ Leider sei ihnen das nicht ermöglicht worden.

Lef Dutti berichtet, man sei immer wieder vorab gefragt worden, was die Band bei der Veranstaltung plane und was man dann sagen wolle. Mehr Redezeit, die von dicht & ergreifend angefragt wurde, sei nicht gewährt worden. Daher habe man den Preis schließlich abgelehnt. Noch einen Tag zuvor habe man das Video gedreht – eben mit der Rede, die man eigentlich auf der Bühne halten wollte. Darin heißt es scharfsinnig und -züngig: Man bedanke sich bei der Bayernwerk AG, deren Mutterkonzern E.ON den Gewinn „im letzten Geschäftsjahr auf magere 8,1 Milliarden Euro steigern konnte“. Und nun dadurch in der Lage sei, „uns hilfsbedürftigen Künstlern mit der horrenden Summe von 5000 Euro für herausragende Dienste im Kulturbereich unter die Arme zu greifen“.

Auch die Staatsregierung bekommt ihr Fett weg. Sie habe die Verleihung eingefädelt, ohne auch nur einen Cent „aus den staatlichen Kulturtöpfen“ auszugeben. „Man muss sich mal die Dimension vor Augen halten“, sagt Lef Dutti. „8,1 Milliarden Euro Reingewinn, das ist mehr als das Bruttoinlandsprodukt manches Landes! Eine unfassbare Schieflage, in der sich die Welt befindet.“ Und darauf habe man aufmerksam machen wollen.

Die 5000 Euro, so erklärt die Band in dem sehr ironischen Clip weiter, wolle man nun aus eigener Kasse direkt an ein Waisenkind in Burkina Faso spenden, dem sonst die Zwangsheirat drohe. Um einem zweiten Mädchen direkt helfen zu können (die Porträts der beiden sind in dem Video ebenfalls zu sehen), haben die drei sich einen Preis aus dem 3D-Drucker zusammengebastelt – den „HFE 5000“. Die Abkürzung steht für „Humanismus für Einsteiger“, die 5000 für die Summe.

Der Preis soll nun versteigert werden. 5000 Euro wären schön, so die Band. Am Freitagnachmittag lag man bereits bei 8600 Euro. „Wir haben zwei Patenschaften klar gemacht, zwei Leben verändert“, freut sich Lef Dutti.

Informationen

um die Versteigerung des selbst kreierten Preises von dicht & ergreifend unter: www.hfe5000.org; darüber hinaus ist jede Spende willkommen und geht direkt an „Wamo e.V. – Hilfe für Westafrika“; weitere Infos unter www.wamo-ev.de.

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