Mozart-Athlet

von Redaktion

Jörg Widmann beim Kammerorchester

VON TOBIAS HELL

Warum in die Ferne schweifen? Diese alte Weisheit nimmt man sich beim Münchener Kammerorchester (MKO) von jeher zu Herzen. Und so war es beinahe selbstverständlich, dass beim jüngsten Konzert im Prinzregententheater auch die Solopartien in Mozarts „Sinfonia concertante“ aus den eigenen Reihen rekrutiert wurden. Wobei Konzertmeisterin Yuki Kasai und ihr Kollege Xandi van Dijk an der Bratsche deutlich spüren ließen, dass sie mit den Stärken ihres Gegenübers ebenso vertraut sind wie mit dem Klang des MKO. Da griff man sich gegenseitig unter die Arme und suchte immer wieder Blickkontakt mit dem Orchester.

So überzeugte keineswegs nur der virtuose Dialog zwischen beiden Soloinstrumenten. Sondern auch, wenn die Geigerin durch ihre natürliche Autorität und fesselnde Gestaltungskraft über weite Strecken des Werks eindeutig den Ton vorgab. Denn an erster Stelle stand hier nicht das Ego, sondern stets die Musik.

Eingerahmt wurde das Werk von den zwei letzten Symphonien Mozarts – geleitet von Jörg Widmann, der sich getreu des Spielzeitmottos „Furor“ mit vollem Körpereinsatz auf die Noten stürzte. Da wurde bedeutungsvoll posiert, wild gestampft, agil gehüpft und leichtfüßig am Pult getänzelt, um dem Orchester durch diese athletische Leistung die in ihm aufwogenden Emotionen zu vermitteln.

Eine Performance, die vor allem in den schnellen Sätzen der g-Moll-Sinfonie ihren Zweck erfüllte. Hier stellte Widmann eine angriffslustige Lesart vor, die kompromisslos ihrer inneren Logik folgte, dabei immer wieder den rebellischen Mozart heraufbeschwor. Ähnlich seine Annäherung an die Jupiter-Symphonie, bei der sich im Eifer des Gefechts zwar hin und wieder kleine Unsauberkeiten einschlichen. Doch auch dies schien das Publikum zum Wohle des großen Spannungsbogens gerne in Kauf zu nehmen und feierte Widmann ebenso enthusiastisch wie das MKO, das sich mit ihm aus der Komfortzone wagte.

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