Eiertanz ums Bauhaus

von Redaktion

NEUERSCHEINUNG Umfangreiche Studie über Oskar Schlemmer und „Das Triadische Ballett“

VON ANNA BEKE

„Künstler und Kunstwerke, die faszinieren können und stets zu neuer Auseinandersetzung anregen, bleiben auch für spätere Generationen lebendig.“ So Frank-Manuel Peter im Nachwort seines 640-seitigen Buches „Oskar Schlemmer und der Tanz“. Der Autor setzt damit dem Bauhaus-Meister nicht nur ein Denkmal, sondern räumt auch mit Legenden auf, die sich um „Das Triadische Ballett“ von 1922 ranken.

Anhand einer schier überwältigenden Fülle an bislang unveröffentlichten Dokumenten wie Briefen, Kritiken oder über 300 Fotografien aus den Beständen des Deutschen Tanzarchivs Köln beweist dessen Leiter Frank-Manuel Peter etwa, dass Schlemmers Signaturwerk ebenso wenig am Bauhaus entstanden war, wie der Künstler als dessen Urheber gelten dürfe. Die künstlerischen Mitstreiter Albert Burger und Elsa Hötzel erfahren ebenso eine Rehabilitierung wie die nahezu unbekannte Manda von Kreibig, auf deren tänzerische Expertise wiederum die Schlemmer zugeschriebenen Bauhaustänze zurückgingen.

Weiter zeigt Peter vielfältige Inspirationsquellen für die Kostüme im „Triadischen Ballett“ auf und skizziert einmal mehr den „Eiertanz“ mit den Schlemmer-Erben, die der Rezeption des Schlüsselwerks bis 2014 entgegengewirkt haben. Darüber hinaus setzt Peter den Klassiker in den Kontext zur Kulturgeschichte der damaligen Zeit, der frühen Moderne.

Einen tanzhistorischen Schatz bietet der Anhang des Buches, in dem sich erstmals alle 32 Schlemmer-Schriften zu Tanz- und Bühnenkunst finden. Nicht zuletzt lädt „Oskar Schlemmer und der Tanz“ dazu ein, dem Kölner Tanzarchiv selbst (wieder) einen Besuch abzustatten, wo die wertvollen Quellen bestaunt werden können – zum Beispiel die über ein halbes Jahrhundert verloren geglaubte Autografen-Sammlung mit über 60 Unterschriften von Bauhäuslern. Noch zu Erscheinen des Bandes dachte Peter, dieses Dokument sei verschollen. Kurz darauf tauchte es auf dem Kunstmarkt auf.

Auch hiermit lässt sich belegen, dass Aktualität nur Momentaufnahme ist, Geschichte lebt und es sie immer wieder aufs Neue zu schreiben gilt – Peter selbst ist dies mit seinem Konvolut an Fachwissen wie auch jahrzehntelanger akribischer Detektivarbeit beispielhaft gelungen. Allerdings beschreibt er sein Werk eben nicht als ein alle Wahrheiten beleuchtendes Opus, sondern als eine lebendige Dokumentensammlung und aktuelle Bestandsaufnahme, die zu weiterer Betrachtung einlädt.

Frank-Manuel Peter:

„Oskar Schlemmer und der Tanz“. Herausgegeben vom Deutschen Tanzarchiv Köln. Wienand Verlag, Köln, 640 Seiten; 58 Euro.

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