Ihr explosiver Stilmix sprengt jede Schublade: Vergeblich hat man versucht, die Musik des britischen Trios GoGo Penguin mit Etiketten wie „Rave-Jazz“ oder „Ambient-Jazz“ zu kategorisieren. Fakt ist: Drei junge Männer aus Manchester agieren auf der Bühne des Technikums – ein Pianist, ein Kontrabassist und ein Schlagzeuger. Mit akustischen Instrumenten fabrizieren sie handgemachte Klänge, die häufig an elektronische Tanzmusik erinnern.
Stilistische Scheuklappen kennen diese Herren offenbar nicht: Acid-House-Einflüsse finden sich ebenso wie Jazzrock à la e.s.t., Verweise auf zeitgenössische Klassik oder Anleihen bei der Minimal Music mit ihren ostentativen Ostinati. Die drei sind zwar Virtuosen, aber keine Egozentriker, die sich auf der Bühne selbst befriedigen müssten, sondern leidenschaftliche Teamplayer, die im Vergleich zu früher ihr Zusammenspiel noch einmal intensiviert und perfektioniert haben: atemberaubend, wie aufmerksam sie aufeinander hören, wie raffiniert die einzelnen Stimmen ihrer Instrumente ineinandergreifen und zu einer komplexen textlosen Textur verwoben werden.
Chris Illingworth, der die Saiten des Yamaha-Flügels immer wieder mit allerlei Metall oder Gummi präpariert, zaubert gleichzeitig originelle Akkordfolgen, hypnotische Melodiefetzen und perlende Arpeggien in den Saal, als ob er drei Hände hätte. Wunderbassist Nick Blacka liefert dazu ein knochentrockenes Dancefloor-Fundament – er kann seinen Kontrabass wunderbar zum Singen bringen, ihn aber auch aggressiv knallen lassen. Und der neue Drummer Jon Scott entpuppt sich mit wahnwitzigen Breakbeats als wahrer Hexenmeister.
Gleichermaßen auf Herz, Hirn und Hüfte zielen GoGo Penguin mit ihren vielschichtigen Kompositionen, die schon auf Tonträgern beeindrucken, live jedoch eine viel größere Wucht entwickeln: Sie kombinieren Eleganz, Emphase und Ekstase; sie entfachen Klanggewitter auf der Bühne und Jubelstürme im Publikum – und beweisen so, dass man auch ganz ohne Worte fesselnde Geschichten erzählen kann.