Bibelstoff und Oberammergau? Das passt zusammen. Nicht nur wegen der weltberühmten Passionsspiele. Inszenierungen wie „Moses“ oder „Joseph und seine Brüder“ lieferten in der Vergangenheit den Beweis. „Aber nicht jede der großen Bibel-Gestalten“, sagt Christian Stückl, „funktioniert auf dieser großen Bühne.“ Immerhin wurde sie für 500 bis 600 Darsteller gebaut. Sie braucht deshalb eine ebenso große Geschichte. Diese zu finden – jedes Mal eine gewaltige Herausforderung. Doch es gelang einmal mehr.
Der Theatermacher hat für das neue Stück des Kultursommers 2024 einen Protagonisten auserkoren: Matthias Klostermayr, besser bekannt als der „Bayerische Hiasl“. Stückl wird versuchen, die Vorlage von Shakespeare-Übersetzer Ludwig Tieck zu dramatisieren und eine Adaption mit eigenem Text zu kreieren. Wie das aussehen soll? Er weiß es noch nicht genau, gibt er bei der Vorstellung des Programms im Münchner Volkstheater zu.
Bis zur Premiere von „Der Rebell“ am 28. Juni bleibt ihm noch ausreichend Zeit. Der 62-Jährige schreibt und bastelt momentan. Auf jeden Fall schwebt ihm aber eine große Räuberbande auf der Bühne vor. Womöglich verleiht Stückl der Inszenierung auch eine deutliche Western-Note. Ein Vorschlag, der aus den Reihen seiner Oberammergauer Laiendarsteller stammt.
Die Geschichte Klostermayrs fesselte den vierfachen Passionsspielleiter: „Er war ein netter Bua, ein Frauenschwarm.“ Zumindest anfangs. Doch ein Witz im Fasching über einen Pater, der auf der Jagd versehentlich eine Katze statt einen Hasen erschossen hatte, kostete den jungen Jesuiten die Anstellung als Jagdgehilfe. Von da an musste er sich allein durchschlagen. Wildernd zog er durch das heutige Schwaben, kämpfte gegen das Unrecht, das die Kirche und der Staat über ihn und andere kommen ließ. „Er wurde gefeiert wie ein Robin Hood“, erzählt Stückl. Ein Volksheld, dem der Ruhm aber zu Kopf stieg, der immer aggressiver agierte, sogar mordete und zum Tode verurteilt wurde. Stückl glaubt fest daran: „Das kann eine spannende Geschichte werden.“
Der Fokus des Kultursommers liegt auf dem „Bayerischen Hiasl“. Das gleichnamige Volkslied hatte es schon früher ins Passionstheater geschafft. Beim Heimatsound-Festival war es einmal angestimmt worden, erinnert sich Stückl.
Was es kommendes Jahr bei dieser zweitägigen Veranstaltung mit Kultcharakter auf die Ohren gibt? Unter anderem Musik von My Ugly Clementine, Erwin & Edwin sowie Fil Bo Riva – den ersten drei Bands, die feststehen. Weitere folgen. Acts, die auch jüngeres Publikum ansprechen, möchten die Organisatoren um Frederik Mayet für das erste August-Wochenende (2./3. August) anheuern. „Wir haben gemerkt“, sagt er, „dass das Publikum mit uns mitaltert.“ Deshalb gab es Freitagfrüh beim Vorverkaufsstart erst zwei Drittel der Karten zu ergattern, und im März, wenn das komplette Line-up steht, die restlichen knapp über 1000 Tickets. Damit dann im besten Fall die jüngere Generation zugreift. Bis dahin müssen sich auch die Festivalfans gedulden, die am Freitag leer ausgingen. Das erste Kontingent – vergriffen in wieder einmal nur 45 Minuten.
Das „Heimatsound“ ist seit der zweiten Auflage ein Dauerbrenner. Genau wie der „Brandner Kaspar“. Zweimal, am 5. und 6. Juli, bringt Stückl die Erfolgsinszenierung des Münchner Volkstheaters auf die altehrwürdige Bühne des Passionstheaters.
Dass der Kultursommer weiterhin besteht, daran liegt sowohl der Gemeinde als auch den Verantwortlichen viel. Auch 2025 wird es ihn geben. Erst kürzlich unterzeichnete die Passionstheater GmbH den Zweijahres-Vertrag. „Nach zähen Verhandlungen und Kämpfen“, verrät Mayet und grinst. Die, ergänzt Stückl, gibt’s aber nicht nur in Oberammergau, sondern auch in München. „Alle Theater werden runtergebremst.“ Umso wichtiger sei es, in diesen schwierigen wirtschaftlichen Zeiten zusammenzuhalten.
Weitere Informationen
und Karten gibt es im Internet unter www.passionstheater.de.