Freudig durch den Advent
Ein Buchtitel als Ansage – „Jetzt kommt die schönste Zeit“. So wird uns das schließlich seit Kindertagen eingetrichtert: Advent, das ist, wenn jede Woche eine neue Kerze – und in den Herzen Friede und Freude brennen. Theoretisch. Dann schleichen sie um die Ecke, die depperten eigenen, viel zu hohen Ansprüche. Und statt Besinnlichkeit herrscht vier Wochen lang Hetzerei. Doch heuer? Heuer nicht! Gemäß Goethes Ausspruch „Wir haben genug Zeit, wenn wir sie nur richtig verwenden“ könnten wir uns doch in diesem Jahr jeden Abend hinsetzen, durchschnaufen und bewusst auf das besinnen, was wirklich zählt. Dieses Büchlein hilft dabei. 24 zeitlose Erzählungen und Gedichte von Ringelnatz bis Fontane. Übers Schenken, über Freude, Liebe, Ruhe. Und dazu Dekotipps. Denn damit das mit der Besinnlichkeit diesmal wirklich klappt: am besten mit allen Sinnen arbeiten. Wenn der Duft von Zimt und Mandarinen in der Wohnungsluft liegt, geht es olfaktorisch schon mal in die richtige Richtung. Plätzchen auf die Zunge, wärmende Kerzen entzündet und zusammen rein in diese schrecklich schöne Weihnachtszeit. („Jetzt kommt die schönste Zeit“. Coppenrath, 112 Seiten; 15 Euro).
Köstliche Weihnachtszeit
Da kann jeder Disney-Weihnachtsfilm einpacken: Wer in diesen Tagen vom Münchner Lenbachplatz gen Literaturhaus spaziert, wird verzaubert. Vom Winterwald, der am Promenadeplatz Jahr für Jahr angeknipst wird. Übergroße Lichtkugeln strahlen dort in den blätterlosen Bäumen. Die wirken von Ferne wie Scherenschnitte, durch die die Sterne funkeln. Wenn dann noch Schnee fällt – fast schon kitschig. Macht nix, der Zauber wirkt. Klar, dass sich im neuen Band von Lisa Nieschlags und Lars Wentrups beliebter „Weihnachtsküche“-Reihe, der sich München widmet, auch ein Foto dieser reizvollen Kulisse findet. Immer gelingt es den beiden, die schönsten Seiten beliebter Christkindlmarkt-Städte fotografisch einzufangen. Und weil die Realität meist eher Schneematsch-nasskalt ist, sind die Rezepte aus „Münchner Weihnachtsküche“ bei Sauwetter die perfekte Alternative zum Marktbesuch. Stattdessen daheim deftige Köstlichkeiten wie Rahmschwammerl mit Breznknödeln oder süße Schweinereien wie Rohrnudeln mit Vanillesoße zubereiten. Das schmeckt uns. („Münchner Weihnachtsküche“. Hölker, 72 Seiten; 20 Euro.)
Geschichten von den Weihnachtswichteln
Welcher gewiefte Marketingstratege kam eigentlich auf die Idee, die Tradition der Weihnachtswichtel aus dem Skandinavischen auch nach Deutschland zu importieren? Seit einigen Jahren stehen die Spielwarengeschäfte plötzlich voll mit Wichteltürchen und Wichtelfigürchen und Wichtelbüchern, die erklären, wie man den Kindern in der Weihnachtszeit Streiche spielen kann. Allen Eltern, die nun die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, weil sie neben Adventskalender-Befüllung, Nikolaus-Freuden und Weihnachtsbescherung jetzt auch noch täglich eine närrische Überraschung für die lieben Kleinen bereiten sollen, sei gesagt: Diesen Konsum-Trend darf man getrost auslassen. Und liest stattdessen mit der Familie diese netten Wichtelgeschichten. Die werden auch im Erdinger Lesezeichen gerade besonders gern von den Kunden gekauft (Foto: Bauersachs). Darin gibt’s Geschichten von Astrid Lindgrens Tomte Tummetott bis Sven Nordqvists „Das Geheimnis der Wichtelwichtel“. Und wenn es dann heißt „Wann kommen zu mir die Weihnachtswichtel?“ verweist man auf die Bastelanleitung für eine Wichteltür und das Rezept für Wichtelbrei, die ebenfalls im Buch zu finden sind. Und überlässt den Rest der kindlichen Kreativität und Fantasie. Man stelle sich vor: Die blüht noch prächtiger, je weniger man vorgibt. Eine hübsche Übung im Advent. („Wichtel Wunder Winterzauber“. Oetinger, 160 Seiten; 25 Euro.)
Backe, backe, Weihnachtsplätzchen
Meckern gilt nicht: Rolf Zuckowskis „In der Weihnachtsbäckerei“ gehört zum Advent wie Rosinen in den Christstollen. Weinbeeren-Verächter übertünchen den Geschmack einfach mit reichlich Puderzucker. Und was tun alle, denen das Kinderlied tierisch auf den Keks geht? Sie singen so kräftig mit, dass der Keks irgendwann wieder schmeckt. Fällt bei Julia Ginsbachs netten Zeichnungen ganz leicht. Schmeißt den Ofen an – und ran! („In der Weihnachtsbäckerei“. Coppenrath, 16 S.; 8 Euro.)
Kunstvolle Weihnachtszeit
Wenn dem ein oder anderen zwischen Weihnachten und Neujahr dann die Decke auf den Kopf zu fallen droht, gilt: Hinaus! Hinaus! In die Museen der Region beispielsweise. Danach einen ausgiebigen Spaziergang durch die frische klare Winterluft. Und zurück daheim eine Runde „Weihnacht im Museum“. Bei dem Memory mit Fotos bekannter Werke finden sich auch Weihnachtsmuffel stimmungsmäßig wieder – von Courbets „Der Verzweifelte“ bis Munchs „Der Schrei“. (Memo-Spiel „Weihnacht im Museum“, Coppenrath.)
Schnurrdiburr und miau!
Wie viele der sage und schreibe 140 Klappen, die man in diesem liebevoll gestalteten Bilderbuch entdecken und öffnen kann, bis zum ersten Weihnachtsfeiertag wohl noch in ihren Papp-Angeln hängen werden? Die wimmeligen Zeichnungen des südkoreanischen Illustrators Eunyoung Seo verführen aber auch dazu, die auf den Seiten versteckten Fensterchen alle sofort öffnen zu wollen, um neugierig zu überprüfen, welche Bildchen sich dahinter verbergen. Und wie die Geschichte um die Familie Schnurr dort auf zweiter Ebene weitergeht. Mama, Papa, Oma, Opa Schnurr und ihre Kinder und Enkelkinder erleben schließlich jede Menge in der Natur und in ihrem gemütlichen Zuhause. Kinder ab drei Jahren werden große Freude daran haben, Klappe für Klappe zu öffnen. Die Kleinsten mit strahlenden Augen, ausgestrecktem Zeigefinger und dem immer selben Ausruf auf den Lippen: „Da!“ Erst recht natürlich die Kinder, die selbst eine Katze als tierischen Mitbewohner bei sich zu Hause haben. Wenn das Samtpfötchen sich auf dem Schoß zusammenrollt, taucht man noch lieber ab in die idyllische Welt der Katzenfamilie. Und jeder weiß, wie entspannend das stete Schnurren eines wegdösenden Kätzchens wirkt. Tut gut. Schurrdiburr und miau!
(Lucy Brownridge: „Weihnachten bei Familie Schnurr“. Illustriert von Eunyoung Seo. Annette Betz, 26 Seiten; 18 Euro.)
In der Welt des Weihnachtsmanns
Für Kinder, die nicht das Christkind, sondern der Weihnachtsmann beschert, stellt sich die Frage: Was treibt der in den Tagen vor dem Fest? Dieses Adventskalenderbuch liefert Antworten in 24 Geschichten für Kinder ab fünf. Eins ist klar: Weniger stressig als bei den Menschen geht’s bei ihm auch nicht zu. Nicht immer läuft alles nach Plan. Doch am Ende? Wird alles gut. Diese Botschaft hören auch große Leser gern. (Henrike Wilson: „Drei Freunde warten auf Weihnachten“. Hanser, 99 Seiten; 18 Euro.)
Klein – aber oho!
Das Christbäumchen heißt Felix – und ist doch nicht glücklich. Weil Felix der Kleinste in der Weihnachtsbaumschule ist. Und sich die anderen lustig über ihn machen. Dieses mickrige Tännchen wolle doch keiner haben. Ob’s stimmt? Das erfahren Kinder ab vier Jahren in Thomas Meyers kurzer Wintergeschichte. Die uns lehrt: Es lohnt, an sich selbst zu glauben, egal, was andere sagen. Nicht nur zur Weihnachtszeit. (T. Meyer: „Das Tännchen Felix“. Illustriert von Philippe Goossens. Nord Süd, 32 S.; 17 Euro.)
Wo Herzen gesunden
Ralf Günther hat mit „Winterherz“ kein klassisches Kinderbuch geschrieben. Und doch ist es eine Geschichte, die Alt und Jung gemeinsam lesen können, um sich darauf zu besinnen, wie einfach Weihnachten in den Nachkriegsjahren war – aber wie reich an Freude, ganz ohne große Geschenkeschlacht. Eine Binse. Die hier im Subtext miterzählt wird. Ralf Günther nimmt uns in diesem Büchlein mit in ein in herrlich Pulverschnee-verzuckerter Landschaft gelegenes Sanatorium nahe Dresden. Sterbenskranke junge Menschen werden hier behandelt. Trotzdem werden die meisten von ihnen ihren 18. Geburtstag voraussichtlich nie erleben. Das nächste Weihnachtsfest könnte für viele der jungen Burschen ihr letztes sein. Auch Wilhelm ist hier von seiner Mama unter großem Trennungsschmerz abgeliefert worden. Denn das Herz des 14-Jährigen scheint krank – oder ist es die Lebenssituation von Mutter und Sohn, die dem Jungen die Brust zuschnürt? Schon nach wenigen Seiten wird klar: Dieser kleine Kerl ist stärker, als ihm selbst bewusst ist. Doch in der tristen Atmosphäre des sterilen Sanatoriums zeigt er sich und der Welt, was in ihm steckt. „Winterherz“ ist eine Geschichte darüber, hirnrissige Regeln gefürchteter Autoritäten nicht unhinterfragt hinzunehmen. Über Freundschaft und Familie. Und das zarte Knistern, das sich erste Liebe nennt.
(Ralf Günther: „Winterherz“. Kindler, 139 Seiten; 18 Euro.)
Die Spannung steigt
Das Kind möchte man sehen, das sich bei diesem Hörspiel vor dem Zubettgehen mit nur je einem Kapitel pro Abend zufriedengibt. Das Christkind muss verzeihen, wenn die Buben und Mädchen – von den Eltern unbemerkt – noch einmal aus dem Bett klettern und den CD-Player erneut anschmeißen. Schließlich wollen Kinder (ab acht Jahren) wissen, was da im Felsenhaus vor sich geht! Wie jedes Jahr verbringen die fünf Freunde hier ihre Weihnachtsferien. Diesmal ist auch das nette Mädel Cathy dabei, sie arbeitet als Haushaltshilfe bei Tante Fanny. Benimmt sich aber höchst merkwürdig. Warum? „Das erfährst du morgen“, heißt es am Ende jedes – viel zu kurzen! – Kapitels. Ein Hör-Adventskalender also, der im Kinderzimmer des Nachts vermutlich genauso schnell abgeräumt wird wie so mancher Schokoladen-Kalender, aus dem die besonders Gewitzten alles mit einem Mal auffuttern – und glauben, Papa und Mama bemerkten nicht, dass die Türchen bereits geöffnet und geschickt wieder verschlossen wurden. Die kleinen Freuden der Vorweihnachtszeit. Das Christkind wird’s verzeihen. (Enid Blyton: „Fünf Freunde. Der verschwundene Weihnachtsschatz“. Cbj Audio.)
Ein Bär in Bethlehem
Ochs und Esel, jede Menge Schafe, Kamele, Vögel, Hunde, Häschen – warum soll unter all den Tieren damals dann nicht auch ein kleiner Braunbär vor der Krippe in Bethlehem gestanden haben? So jedenfalls erzählt es die Bärenmama ihrem Schützling beim Zubettgehen. Jeden Abend führt sie die Geschichte der Reise eines kleinen Bären weiter fort – er läuft immer dem goldenen Stern hinterher, bis an den Ort, an dem das Wunder geschah, das an Weihnachten gefeiert wird. Das Buch für Kinder ab vier Jahren lebt von den stimmungsvollen Bildern der slowakischen Illustratorin Maja Dusíková, die in der Neuauflage nun besonders schimmern. Da gibt’s viel anzuschauen für kleine und große Leserinnen und Leser. Die tägliche Lektüre verkürzt praktischerweise auch mit jeder gemeinsam gelesenen Stunde die Antwort auf die Frage, die nicht nur kleine Bärenkinder in den Wochen vor dem Heiligen Abend immer und immer wieder stellen: „Wann ist endlich Weihnachten?“
(Antonie Schneider: „Wann ist endlich Weihnachten?“ Illustriert von Maja Dusíková. Nord Süd Verlag, 64 Seiten; 20 Euro.)