Bescherung mit Haydn

von Redaktion

Bas Wiegers beim Münchener Kammerorchester

Einen solchen Haydn hört man nicht alle Tage. Nicht als Aufwärmstück, sondern als Höhepunk musizierten das Münchener Kammerorchester (MKO) und Bas Wiegers Haydns letzte Sinfonie Nr. 104. Kombiniert wurde sie im Prinzregententheater mit dem Auftragswerk „Sír tér“ von Márton Illés sowie „Mystère de l’instant“ von Henri Dutilleux.

Bas Wiegers gehört zum Dirigenten-Triumvirat des MKO und hat einen guten Draht zu den Musikerinnen und Musikern, was bei Haydns Klarheit, Dutilleux’ subtiler Sprache und Illés’ herausforderndem Miteinander vonnöten ist und zu hören war. In der langsamen Einleitung seiner D-Dur-Sinfonie spannt Haydn einen noch auf die Folter. Doch nach wenigen Takten gerät der mit nur einem Thema auskommende Satz in Bewegung: Da ließen Dirigent und Orchester Haydns motivische Arbeit nur so sprudeln, setzten das Ganze fein und dynamisch ausgefeilt in Szene. Die homogen artikulierenden Streicher wurden im stets mit neuen Wendungen überraschenden Andante von Bläsern und Pauke fast ins Dramatische getrieben, bevor im deftigen Menuett die Oboe das Trio anführte. Lebendigkeit, rhythmisches Pulsieren, Volksliedhaftes, alles delikat abgeschmeckt, dies machte das Finale zum Vorweihnachtsgeschenk.

Mit Nicolas Altstaedt saß in der Márton-Uraufführung der richtige Solist am Cello. Er ließ Wildheit in Zartheit kippen, sein Cello singen, in endlosen Glissandi klagen und führte den Bogen in aberwitziger Behändigkeit. Streicher, Bläser und Schlagwerk – von Wiegers exakt geführt – kommunizierten, animierten, kontrastierten und wagten sich bis zum Geräusch vor. Gemeinsam füllten sie den „Weinenden Raum“ mit Vitalität und im Pianissimo-Mittelteil mit besonderem Zauber. Um „geheimnisvolle Augenblicke“ ging es in den „Mystères de l’instant“ von Dutilleux. Auch in diesen höchst filigranen, energiegeladenen Streicher-Miniaturen waren die Zuhörer aufgefordert, ihre Ohren zu spitzen. GABRIELE LUSTER

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