Und jetzt die gute Nachricht: Egal, wie viele Weihnachtsplätzchen du futterst – Schuhe passen immer. Von wegen „Schuh-Tick“, eine Frau (oder ein Mann) mit reichlich Fußbekleidung möchte einfach nur für jede Gewichtsschwankung gewappnet sein. Und weil die sich naturgemäß besonders häufig zur Weihnachtszeit einstellt (ein Plätzchenteller der lieben Kollegen hier, eine in Zimt-Zucker gewälzte Champagnerwaffel auf dem Christkindlmarkt da), kann man an Schuhen wirklich nie genug haben. Hohe Hacken hauchen noch jedem im Dezember zur Wurstpelle mutierten Abendkleid einen Hauch von Eleganz ein. Wie hat’s Modedesigner Jimmy Choo formuliert? „Der richtige Schuh kann alles verändern.“
Dieses übrigens auch in seiner Umkehr sehr wahre Zitat stellen Valerie Steele und Colleen Hill ihrem opulenten Buch „Shoes A-Z“ voran. Darin begeben sich die zwei Autorinnen auf eine Entdeckungsreise durch die Schuhkollektion des Museums am Fashion Institute of Technology (FIT) in New York. Mehr als 50 000 Kleidungsstücke und Accessoires von den bedeutendsten Designern der Welt umfasst die Sammlung des Hauses, bei Besuchern aber sind’s immer wieder die rund 4000 Paar Schuhe, die das größte Aufsehen erregen. Wer durch den Bildband blättert, weiß, warum. Pfeif drauf, was der Nikolaus sagen würde: Man hätte sie gern alle.
400 der faszinierendsten Schuhe des FIT präsentiert das Buch, darunter sowohl historische Fußbekleidung als auch Kreationen zeitgenössischer Schuhdesigner und Modelabels – von Azzedine Alaïa und Roger Vivier bis Manolo Blahník und Vivienne Westwood. Garniert wird das mit interessanten Fakten, die man beim nächsten Stehempfang auf 18-cm-Stilettos zum Besten geben kann. Dass eine Frau in Deutschland im Durchschnitt 20,4 Paar im Schrank stehen hat zum Beispiel, ein deutscher Durchschnittsmann 10,2. Oder dass Menschen laut Evolutionsbiologe Daniel E. Liebermann seit rund 40 000 Jahren Fußbekleidung tragen. „Auch wenn einige vermuten, dass der Neandertaler unbeschuht war.“ Nur mit dicker Hornhaut durch die Eiszeit? Das wird in der Wissenschaft diskutiert. Klar ist: Seit der Jungsteinzeit (um 10 000 bis 2000 v. Chr.) tragen Menschen in vielen Teilen der Erde Sandalen und Schuhe aus Stroh, Rinde, Papyrus- und Yukkablättern, Leder, Fell oder Holz. Davon zeugen weltweite archäologische Funde.
Doch längst hat sich der ursprüngliche rein praktische Nutzen verschoben hin zu modischen Gesichtspunkten. „Im Römischen Reich etwa fertigten professionelle Schuhmacher fein verziertes Schuhwerk für Patrizier beiderlei Geschlechts an, während Plebejer schlicht beschuht gingen und Sklaven das Tragen von Schuhen ausdrücklich verboten war“, schreibt Valerie Steele. Der Schuh wurde zum Symbol für Fortbewegung und Reisen, aus diesem Grund wird der Gott der Reisenden – Hermes bei den Griechen, Merkur bei den Römern – stets mit geflügelten Stiefeln oder Sandalen dargestellt.
Interessanterweise zählten zu den prestigeträchtigsten Schuhen in allen Kulturen aber immer auch solche, die die Mobilität einschränken. „Als das gewöhnliche Volk Absatz zu tragen begann, gingen Reiche und Adlige zu hohen Absätzen über. Am Hof Ludwigs XIV. trugen die wichtigsten Herren Schuhe mit roten hohen Absätzen.“ Wer herumstöckelte, zeigte, dass er nicht zum einfachen Volk gehört. Denn in solchen Schuhen arbeiten? Mon Dieu!
Und letztlich zwingt ein hoher Schuh zu einer anderen, eleganteren Haltung. Bei High Heels ist es wie mit Hüten: Gleich hält man sich gerader, schlurfen ist nicht. So wird die Welt in hohen, extravaganten Schuhen zur Bühne. Sie zeigen, wer wir sind – oder sein könnten. Nur Mut! Und Marilyn Monroe im Kopf: „Gib einer Frau die richtigen Schuhe und sie erobert die Welt.“
Valerie Steele/ Colleen Hill:
„Shoes A-Z“. Taschen Verlag, Köln, 532 Seiten; 125 Euro.