Tierisch gut

von Redaktion

MÜNCHEN-PREMIERE „Shadowland“ ist zurück im Deutschen Theater

VON TOBIAS HELL

Die Bühne ist und bleibt ein magischer Ort, wo die Fantasie regiert und man auch mit einfachsten Mitteln größtmögliches Staunen hervorrufen kann. Wer dies bezweifelt, hat unter Garantie nicht den heftigen Schlussapplaus nach der „Shadowland“-Premiere im Deutschen Theater erlebt. Denn hier sorgt ein simpler, aber eben einfach wunderschön glitzernder Konfettiregen noch einmal für begeistertes Johlen im Publikum. Und dies nicht nur bei den jüngeren Semestern, sondern ebenso bei all jenen, die in den vorangegangenen 90 Minuten noch einmal ihr inneres Kind entdecken durften.

Da mag man sich anfangs vielleicht noch beim Nachgrübeln ertappen, wie um alles in der Welt das Philobolus Dance Theatre aus dem US-Bundesstaat Connecticut diese bunte Bilderflut auf die nahezu leere Bühne zaubert. Doch am besten ist es einfach, sich fallen zu lassen und gemeinsam in die märchenhafte Welt einzutauchen – so wie das von Hauptdarstellerin Marlon Feliz mit jugendlicher Unbekümmertheit verkörperte Mädchen, das in seinen Träumen allerlei Abenteuer durchlebt.

Es ist eine Geschichte über das Erwachsenwerden, über die Suche nach Liebe und der eigenen Identität. Da gibt es eine Prise „Alice im Wunderland“ ebenso wie Anklänge an die „Kleine Meerjungfrau“, gemischt mit der „Reise ins Labyrinth“ – sogar Ovids „Metamorphosen“ lassen sich ohne größere Probleme hineinlesen. Doch kennen muss man all diese potenziellen Vorbilder nicht, um hier seinen Spaß zu haben. Denn „Shadowland“ selbst ist eine Show im Wandel, die sich im Laufe der Jahre mehrfach verändert hat und vom Kreativteam rund um das Duo Matt Kent und Renée Jaworski regelmäßig um neue Szenen und spektakuläre Effekte ergänzt wird. Das beinhaltet in der aktuell tourenden Inkarnation unter anderem eine kleine Hommage der US-amerikanischen Truppe an das deutsche Gastgeberland.

Das barfuß tanzende Ensemble mischt Modern Dance mit subtilen klassischen Elementen, die sich mit kleinen akrobatischen Einlagen ebenso abwechseln wie mit großen suggestiven Schattenspielen. Wobei die teilweise in Sekundenbruchteilen vollzogenen Übergänge vom Tanz im dreidimensionalen Raum auf die zweidimensionalen Leinwände absolut fließend gelingen. Mit flinken Fingern und abenteuerlichen Verrenkungen entstehen da vor den Augen des Publikums als Schattenrisse humorvolle Tierfiguren und andere skurrile Zeitgenossen sowie immer wieder neue Schauplätze zu Land, zu Wasser oder in der Luft. Und es ist tatsächlich schwer zu sagen, ob die kraftvollen Hebungen und Sprünge, bei denen die Schwerkraft oft ausgehebelt scheint, in ihrer ungefilterten Präsentation nicht womöglich sogar noch mehr beeindrucken als in der schemenhaften Schwarz-Weiß-Darstellung. Genauso, wie man darüber staunt, dass sich am Ende tatsächlich nur neun Tänzerinnen und Tänzer verbeugen, die zuvor mit unglaublicher Wandlungsfähigkeit und Slapstick-Qualitäten in unterschiedliche Charaktere schlüpfen durften.

Ein ebenso poetischer wie kurzweiliger Abend, mit dem das Ensemble der omnipräsenten digitalen Reizüberflutung einfach beste handgemachte Theatermagie entgegensetzt. Mit einem Finale, das noch einmal ein rasant getaktetes Best-of der Show serviert, nach dem eigentlich nur ein Wunsch offenbleibt: nach einer baldigen Zugabe.

Weitere Vorstellungen

bis 31. Dezember;

Karten online unter tickets.deutsches- theater.de.

Artikel 5 von 8