Noch eine CD, und der Mann hat die 20er-Marke geknackt. So viele Solo-Alben hat Daniel Behle schon veröffentlicht – auf dem Klassikmarkt ist dies der Ausnahmefall. Deshalb und weil dieser Tenor fast durchwegs mit intelligent und augenzwinkernd zusammengeschraubten Konzeptalben aufwartet, wurde ihm gerade der Ehrenpreis des Vereins der Deutschen Schallplattenkritik verliehen.
Behles Nummer 19 passt perfekt in diese Reihe, heißt schlicht „Richard“, befasst sich mit Strauss und Wagner und ist Dokument dafür, dass der Sänger Kurs aufs Heldenfach nimmt. Wobei das, so hört man mit Befriedigung, nie in Schwerlastverkehr ausartet. Tannhäusers „Rom-Erzählung“ ist sogar überraschend intim gesungen, das Dokument eines zutiefst Zerknirschten, nicht eines Egomanen. Seine lyrische Sozialisation spielt Behle in Lohengrins klug dosierter „Gralserzählung“, vor allem in Stolzings Preislied aus.
Das Liedhafte in diesen Wagner-Momenten nimmt Behle sehr wörtlich. Entscheidend ist immer der Texttransport. Behle verbindet den mit einer sehr natürlichen Phrasierungsarbeit. Nichts ist „gemacht“, inszeniert oder (ein Problem bei vielen Kollegen) klanglich verzerrt. Noch stärker, eindrücklicher ist das in den Strauss-Orchesterliedern. Die werden ohne Parfüm, ohne Kitsch, ohne künstliche Aufdickungen serviert. Eine Verschlankung ohne Substanzverluste – was auch inhaltlich gemeint ist.
Mit dem Borusan Istanbul Philharmonic Orchestra und Dirigent Thomas Rösner bekommt Behle die adäquate Unterstützung. Und die rein instrumentalen Stücke sind keine Füller. So warmblütig und ohne Muskelspiele musiziert, man nehme nur das „Meistersinger“-Vorspiel, entfaltet der ältere der beiden Richards ungeahnte Eleganz.
Daniel Behle:
„Richard“. Borusan Istanbul Philharmonic Orchestra, Thomas Rösner (Prospero).