München ziert eine herrliche Perlenkette, doch diese eine Perle – das Stadtmuseum – könnte noch ein bisschen stärker glänzen. Deshalb wird das jetzt angegangen. Wie berichtet, schließt das Haus bis 2031 – um dann als ein Museum wiederzueröffnen, auf das sich alle Bürger und Touristen jetzt schon freuen können.
Schluss mit den Einbahnstraßen-Ausstellungen im jetzigen verwinkelten Bau, bei deren Besuch man durch die gesamte Schau zurücklaufen muss, um zum Ausgang zu gelangen. Schluss mit Barrieren für Menschen im Rollstuhl, mit Gehhilfe oder Kinderwagen. Und: Schluss mit dem Suchen nach dem Eingang. Um auf die Perlenkette zurückzukommen: Wer heute vom Odeonsplatz aus einen Spaziergang unternehmen möchte, der kann sich von Platz zu Platz, von Perle zu Perle hangeln. Vom Max-Joseph-Platz weiter zu Marienhof und Marienplatz, Rindermarkt und St.-Jakobs-Platz. Das Stadtmuseum zwischen beiden Letzteren übersieht man leicht. Ein Schild weist zwar darauf hin, dass der „Eingang um die Ecke“ liegt – aber was sich dahinter für Schätze verbergen, was für sehenswerte Ausstellungen und wie viel München-Liebe, das wissen nur die, die schon hier waren.
So wie der Marienhof und der Max-Joseph-Platz verschönert werden, so soll auch der Innenhof des Stadtmuseums künftig ein öffentlicher Raum sein, an dem man sich zu allen Jahreszeiten trifft. Blick gestern Vormittag bei der Pressekonferenz des Hauses hinaus durchs Fenster in den kargen Innenhof: Äh, öffentlicher Platz, an dem man sich gern trifft? Als könnte Moritz Auer vom Büro Auer Weber Architekten Gedanken lesen, zeigt er die erste Folie seiner Power-Point-Präsentation – und einem wird ganz warm trotz Eiseskälte. Was heute ein wenig einladender grauer Hof, wird in der Visualisierung der Architekten: lichtdurchflutet, ansprechend, ein Ort, an dem man tatsächlich gern verweilt.
„Wir planen ein mit Glas überdachtes Foyer mit Öffnungen zum Rindermarkt auf der einen und zu Sebastians- und St.-Jakobs-Platz auf der anderen Seite“, erklärt er. Das Haus öffnet sich der Stadt, ein jeder kann barrierefrei wie durch eine Passage hindurchlaufen. Oder besser noch: im Foyer ein Päuschen einlegen, sich verabreden, es sich mit anderen auf den locker aufgestellten beweglichen Möbeln gemütlich einrichten. Eintrittskartenlos und über die Museumsöffnungszeiten hinaus. „Das ist uns wichtig“, betont Direktorin Frauke von der Haar. „Wir haben durch die notwendige Generalsanierung die Chance, unser Museum ganz neu zu denken. Ein Haus zu schaffen, das ein echter Treffpunkt wird, für alle Teile der Bevölkerung.“ Und eines, das die jetzigen konservatorischen und museumsdidaktischen Probleme löst, die die aktuelle Architektur ihr und ihrem Team bereitet.
Der Clou ist ein Kubus, der in der Mitte des Raumes installiert wird. Rund 18 mal 18 Meter groß, zugänglich von allen Ebenen aus. Umhüllt von LED-Wänden, die sich individuell bespielen lassen, auf diese Weise selbst zum Kunstwerk werden.
Doch bis es soweit ist, liegt noch eine Menge Arbeit vor ihnen. Die rund drei Millionen Sammlungs- und Ausstellungsstücke, die im Museum lagern, müssen demontiert, verpackt und zur neuen Interimsstätte bei ARRI an der Türkenstraße transportiert und eingelagert werden. Auch die Beschäftigten und die Restaurierungsateliers ziehen in die Maxvorstadt um. „Eine große logistische Herausforderung“, nennt es Frauke von der Haar. Der sie sich voller Energie stellen.
Denn nebenher soll der Museumsbetrieb ja weitergehen. Dafür tun sie sich mit verschiedenen Institutionen zusammen. Ab 25. Oktober zeigen sie beispielsweise in der Kunsthalle die Ausstellung „Jugendstil made in Munich“. Sie ist zugleich Teil der Vorbereitungen für die künftige Dauerausstellung im eigenen Haus. Ab März 2025 wird bis Mitte 2027 eine neue stadthistorische Schau im Zeughaus zu sehen sein, das dann bereits erhebliche bauliche Veränderungen hinter sich haben soll. Auch beliebte etablierte Formate gehen weiter. Das Kuckuck Theaterfestival oder das internationale Figurentheaterfestival etwa. Erstmals an zwei neuen Orten, in HochX und HP8.
Auch der digitale Raum wird bespielt. So soll etwa die Sammlung Musik in den kommenden Jahren digitalisiert werden. Sie ist zur Hälfte bestückt mit Instrumenten aus außereuropäischen Ländern. Die digitale Erschließung soll die weltweite Erforschung der Herkunft erleichtern – Stichwort: Rückgabe von Raubkunst. „Wir wollen uns proaktiv unserer Sammlungsgeschichte stellen“, betont von der Haar.
271 Millionen Euro investiert die Stadt in das Haus. Auf 7000 Quadratmeter wächst die Ausstellungsfläche an, allein 2500 Quadratmeter stehen künftig für Sonderausstellungen zur Verfügung. Man sieht sie schon strahlen: Münchens neue Perle.