Giuseppe Verdis „Aida“ bildet zusammen mit „La Bohème“ und „Carmen“ das berühmte Opern-ABC, das in keinem Theater von Rang fehlen darf. Ein Publikumsrenner, dessen Melodien man sofort im Ohr hat. Ebenso wie monumentale Bilder, die nicht zuletzt durch die Festspiele in Verona geprägt wurden. Dieses exotische Gefühl aus guten alten Opernzeiten will am 22. Februar nun auch eine Produktion in der Olympiahalle heraufbeschwören, die all jene abholen dürfte, die mit diversen Regie-Neudeutungen der vergangenen Jahre eventuell Probleme hatten. „Wir wollen in erster Linie wieder die Geschichte erzählen und die Leute unterhalten.“ Das macht Regisseurin Rian van Holland im Gespräch mit unserer Zeitung von Anfang an klar. Eine „Aida“ für alle soll es werden. Die man auch versteht, wenn man das Werk zum ersten Mal erlebt und vergessen hat, noch einmal im Internet die Handlung nachzulesen. „Oper ist vor allem Emotion. Ich finde es immer schön, wenn bei Castingshows zwischen den ganzen Popsongs jemand plötzlich eine Opernarie singt und das Publikum total durchdreht vor Begeisterung.“
Umso mehr bedauert die niederländische Regisseurin, dass viele dennoch Hemmungen haben, aufgrund elitärer Vorurteile die Schwelle eines Theaters zu überschreiten. „Bei uns sind alle willkommen. Egal, ob sie sich elegant anziehen wollen oder bequem in Jeans und Pullover kommen.“ Denn Aufmerksamkeit soll vor allem das Spektakel auf der Bühne auf sich ziehen. Mit großem Chor, Tanzeinlagen sowie einem mechanischen Elefanten, der auf der „Aida“-Checkliste natürlich nicht fehlen darf. Die Castings für das in jeder Stadt wechselnde Statistenheer liegen bereits eine Weile zurück, aber die Begeisterung ihrer Truppe ist für Rian van Holland schon vor der Tournee-Premiere im Hamburg deutlich zu spüren. „Wir bekommen fast täglich E-Mails von Leuten, die uns schreiben, dass sie es kaum mehr erwarten können, endlich auf die Bühne zu dürfen.“
Bis alle Kräfte sich vereinen, nutzt die Regisseurin die Zeit aktuell noch für den letzten Feinschliff an den Hauptrollen. Wobei ihr besonders der letzte Akt am Herzen liegt, in dem sich die tragische Liebesgeschichte zuspitzt. „Für die alten Ägypter war der Tod nicht das Ende, sondern nur der Übergang in eine andere Welt. Das eigentliche Drama liegt für mich deshalb nicht bei Radames und Aida, sondern bei Amneris, die allein zurückbleibt. Wenn sie die Götter um Frieden bittet, hat das mehr als nur eine Bedeutung.“
Dass Verdi der Pharaonentochter keine einzige Solo-Arie gönnt und sie ihre Gefühle fast nur im Duett mit den anderen Beteiligten der Dreiecksgeschichte ausdrücken darf, macht es für van Holland dabei noch spannender. „Ich wollte unbedingt eine letzte stumme Begegnung zwischen den beiden Frauen, damit das Publikum versteht, was auch zwischen ihnen abläuft. Da haben wir bei den Proben viel diskutiert und lang daran gearbeitet. Aber unsere Sängerinnen haben sich auf die Idee eingelassen und spielen das wirklich großartig.“
Damit diese und andere Details in der Weite der Olympiahalle nicht untergehen, wird es eine Videoleinwand geben, durch die das Publikum zwischen all den großen Schauwerten des Arena-Spektakels ebenso an den intimen Momenten teilhaben kann. Denn Verdis Meisterwerk lebt trotz Ohrwurmfaktor des Triumphmarsches gerade von diesen Kontrasten.