Revue des Rätselhaften

von Redaktion

Der Cirque du Soleil auf der Theresienwiese

VON ASTRID KISTNER

Zau-ber-haft – drei Silben, dreimal Klatschen. So haben wir’s in der Vorschule gelernt. Reicht aber nicht, wenn man die zauberhafte Zeltshow des Cirque du Soleil auf der Münchner Theresienwiese besucht. „Kurios“, eine Revue des Rätselhaften, reißt das Publikum immer wieder zu stürmischem Applaus hin. Erstmals gastiert die Künstlertruppe, die ihren kreativen Hauptsitz in Kanada hat, mit diesem Programm in Deutschland. Wer sich durch Wintermatsch und Riesen-Wiesn-Pfützen ins Grand Chapiteau gerettet hat, taucht ein in eine blau-gelbe Wunderwelt.

„Kurios“ erzählt keine stringente Geschichte, sondern malt vielmehr ein Stimmungsbild. Im Zentrum ein Wissenschaftler, der forscht, träumt, entdeckt. In seinem wundersamen Reich gibt es Zeitreisende, radfahrende Roboter, einen Mentalisten mit Riesenhirn, fantastische Fischwesen und schlangenartige Geschöpfe. Die Szenerie changiert zwischen nostalgisch und futuristisch, getragen vom live gespielten Electro-Swing der Musiker. Einem Sound, dem man sich nur schwer entziehen kann und der die Show mit der Zugkraft einer Dampfmaschine vorantreibt.

Es ist nicht so sehr was, sondern wie der Cirque du Soleil seine Geschichten erzählt. Wie die von Mister Mikrokosmos (Mathieu Hubener), einem Typen mit riesigem Kugelbauch, der der Postbotin (Anne Weissbecker) noch einen sehnsüchtigen Blick zuwirft, bevor sie samt Velo in luftige Höhen entradelt, um unter der Zeltkuppel ihre halsbrecherischen Runden zu drehen. Eine Nummer, so charmant wie ein Liebesbrief.

Überhaupt steckt viel Poesie, viel Witz und Geist in den Darbietungen, in denen nie „nur“ jongliert, nie „nur“ reine Artistik geboten wird. „Kurios“-Erfinder Michel Laprise, der 2012 auch Regisseur der legendären „MDNA“-Welttour von Madonna war, liebt die Doppelbödigkeit. Da wird bein Dinner mit Freunden im wahrsten Sinne des Wortes hoch gestapelt und dem staunenden Publikum eine echte Überraschung zum Dessert serviert. Da reiht sich eine feine, leise Episode – wie die der Hand-Artisten und ihrer live gefilmten Reise – an die knallige, temporeiche Nummer auf dem Acro-Net. Ein Sicherheitsnetz, das so gespannt ist, dass es die Trampolinakrobaten unter die 20 Meter hohe Decke schleudert. Das perfekte Sprungbecken für „fliegende Fische“.

Ob Jojo-Jongleur, die schwebenden Zwillinge oder Rola-Bola-Star James Gonzalez Correa – sie alle sorgen, verpackt in wunderbar fantasievolle Kostüme, für die perfekte Illusion. Die Qualität von „Kurios“ zeigt sich aber nicht zuletzt in der feinsinnigen Clownerie, die fernab von übergroßen Schuhen und Spritz-Blumen neue Maßstäbe setzt. Komiker Facundo Gimenez domptiert nicht nur einen unsichtbaren Zirkus, bei dem die Tiere kaum artgerecht gehalten werden (aber man sieht’s ja nicht), er spielt Papagei und Katze gleich selbst und das hinreißend komisch.

Kritik verdienen allenfalls die kuriosen Preise des ZeltCaterings (zehn Euro für einen Hot Dog oder ein kleines Popcorn). Ansonsten ist dieser Cirque ganz zauberhaft. Ein Wort, das fürs Münchner Publikum offensichtlich unzählige Silben hat.

Weitere Vorstellungen

bis 25. Februar; Karten unter cirquedusoleil.com.

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