Unser Pop-Gewissen

von Redaktion

Kettcar in der Münchner Kranhalle

„Mein Herz ist ein totgeschlagenes Robbenbaby“, singt die Hamburger Indie-Band Kettcar in ihrer neuen Single „München“. Ein Song, der Alltagsrassismus und die ewige Frage nach dem „Wo bist du eigentlich geboren?“ thematisiert und der sicher vielen Menschen aus der Seele spricht, die aufgrund ihres Aussehens oder ihres Namens diskriminiert werden. Zur Live-Premiere der neuen Single spielen Kettcar ein intimes Club-Konzert in der binnen Minuten ausverkauften Kranhalle.

Seit über 20 Jahren zählt die Band zum unbequemen Gewissen der deutschen Musiklandschaft. Die Veröffentlichung von „München“ fiel mit dem Beginn der Demonstrationen gegen den Rechtsruck zusammen. Kettcar treffen damit nicht zum ersten Mal den Zeitgeist. „Wir dürfen uns von den verbitterten Idioten nicht verbittern lassen“, ruft Bassist Reimer Bustorff ins Publikum. Gleichzeitig der Refrain des folgenden Songs „Den Revolver entsichern“.

Vor im deutschen Pop seltenen politischen Statements scheute sich die Band noch nie, und genau das lieben die Fans. So wird die Anti-Homophobie-Hymne „Der Tag wird kommen“ bejubelt, ebenso „Sommer ´89 (Er schnitt Löcher in den Zaun)“ zum Thema Flucht. Wie kaum eine andere deutsche Band schaffen die Nordlichter es, alle zur Empathie zu bring und eigene Bequemlichkeiten zu hinterfragen.

„Paketzusteller of the World unite and take over“, singt die Band im neuen Song „Doug & Florence“. Die Kranhalle tanzt – und ist in den ruhigen Momenten beinahe zu Tränen gerührt wie bei „Balu“. Als letzte Zugabe erklingt „München“ zum zweiten Mal und erhöht die Vorfreude auf den April: Dann erscheint das Album „Gute Laune ungerecht verteilt“ – und am 18. April kehren Kettcar zurück, dann in die Tonhalle. MICHAEL HELLSTERN

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