Bis an die Grenze

von Redaktion

Zwei Rachmaninow-Einakter im Sonntagskonzert des Rundfunkorchesters

VON TOBIAS HELL

Beim Namen Sergei Rachmaninow dürften die meisten an erster Stelle virtuose, emotional aufwühlende Klaviermusik im Ohr haben. Weit weniger bekannt sind außerhalb Russlands dagegen seine Opern. Ein Versäumnis, das man beim Münchner Rundfunkorchester nicht auf sich beruhen lassen wollte und nun im Prinzregententheater immerhin zwei seiner drei Einakter vorstellte.

Während man bei den Sonntagskonzerten sonst gern mal exotisch angehauchtes Virtuosenfutter kennenlernt, das mit den richtigen Solisten über dramaturgische Schwächen hinwegtröstet, stand der Protagonist diesmal klar am Dirigentenpult. Trotz kompakter Form wartete Rachmaninow nämlich in beiden Fällen mit gewaltigen Chören, Tänzen und sinfonischen Zwischenspielen auf, die Ivan Repušić mit großer Geste zelebrierte.

Interessant war vor allem der Vergleich zwischen dem Opus „Aleko“, das der 19-jährige Komponist 1893 herausgebracht hatte, und der späteren Dante-Vertonung „Francesca da Rimini“ von 1906, die sich deutlich geschlossener präsentierte. Inklusive einer rahmenden Begegnung zwischen Dante und Vergil im ersten Kreis der Hölle. Eine Episode, die von Dmitry Golovin und Shavleg Armasi packend gestaltet wurde und mit der sich auch der BR-Chor und das Rundfunkorchester effektvoll in Szene setzten.

Eher nummernhaft segmentiert erschien zuvor der Bühnenerstling, der Assoziationen an Mascagnis Verismo-Reißer „Cavalleria rusticana“ weckte und von Repušić ähnlich knallig angegangen wurde. Das stieß im Prinzregententheater hin und wieder an die akustischen Grenzen, machte aber dennoch Eindruck beim Publikum – zumal große Stimmen aufgeboten waren, die keine Dezibel-Attacken zu fürchten hatten.

Wandlungsfähigkeit durfte da vor allem Kristina Mkhitaryan beweisen, die mit abgedunkeltem Sopran zunächst die verführerische Semfira und nach der Pause die deutlich sanfter veranlagte Francesca verkörperte. Ganz auf den kraftstrotzenden Liebhaber abonniert blieb dagegen in beiden Werken Tenor Andrei Davidov, der sich seiner Aufgabe mit gestählten Stimmbändern entledigte. Ähnlich wie Kostas Smoriginas, der mit gegerbtem Bariton gleich zweimal zum gehörnten Ehemann wurde und zum rächenden Dolch greifen durfte.

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