Sind Künstler nicht auch eine Art Jäger? Ruhm und Reichtum heißen die Trophäen, die sie gerne erbeuten, und womöglich hat mancher sogar davon geträumt, einen besonders penetranten Konkurrenten zur Strecke zu bringen. Insofern trifft die ERES-Stiftung wieder mal ins Schwarze, wenn sie in ihrem Münchner Projektraum zum Halali bläst.
„Catch me if you can“ heißt die Ausstellung über einen archaischen Jagdtrieb in uns allen – inspiriert durch die „Löwin“, die im letzten Sommerloch bei Berlin herumschlich und sich als veritable (Wild-)Sau erwies, die durchs mediale Dorf getrieben wurde. Denn auch wenn die meisten heute keine Hirsche und Hasen mehr erlegen (könnten): Bei der Jagd nach Erfolg und Anerkennung hetzen wir uns in der Wettbewerbsgesellschaft alle selbst und gegenseitig zu Tode. Von den Schnäppchenjägern ganz zu schweigen.
Als einen solchen inszenierte sich Christian Jankowski 1992 in seinem herrlichen Video-Kalauer „Die Jagd“, wo er quasi den Steinzeitvorfahren in sich aktivierte: Mit Pfeilen und Bogen betrat der „Kunst-Schütze“ den Discounter, um sich einen ganzen Korb voll Waren zu schießen – vom Waschpulver bis zur Margarine. Die Beute samt den darin steckenden Pfeilen legte er an der Kasse aufs Band, wo die Kassiererin ungerührt die Rechnung machte. Man könnte also „pfeilgrad“ folgern, dass sich das Totschießen heute ins Finanzielle und die Beutelust in den Konsum sublimiert hat, woraus freilich immer ein gewisses „Unbehagen in der Kultur“ resultiert. Und an eben dieses hat sich das isländische Künstlerinnenkollektiv „The Icelandic Love Corporation“ herangepirscht, um es mit den Pfeilen der Ironie zu durchbohren: In einem Video begeben sich die drei Damen mit manikürten Fingernägeln, Pelzmänteln, Gucci-Täschchen und Golfwägelchen auf eine winterliche Sandbank in Island, um Jagen und Fischen zu spielen – so wie der Adel im Rokoko Schäfer gespielt hat.
Den Vogel schießt Alastair Mackie ab, der ein richtiges Kunst- und Wunderkammerstück präsentiert. Zahllose kleine Mäuseschädel hat er zu einer filigranen, durchsichtigen Kugel verbunden, die betörend schön und gruselig zugleich unter einem Glassturz ruht. Falls uns der Künstler kein Jägerlatein erzählt, hat er die Schädel alle aus dem Gewölle von Schleiereulen, die große Mäusejäger sind, herausgefischt – und vermutlich auch aus hygienischen Gründen ausgekocht.
Keimfrei und gewollt steril wirkt hingegen der stilisierte Ansitz von Yves Netzhammer. Ausgestattet mit zwei schwarzen Reh-Silhouetten (Vorderteil und Hinterteil), die man aufklappen kann, baumelt an dem hölzernen Gestell ein Mobile aus roten Plastikkugeln und einem schwarzen Pfeil. Aber dort, wo eigentlich der Jäger herausschießt, ist ein Bildschirm angebracht, der animierte Gliederpuppen bei gymnastischen Übungen zeigt. Hier muss sich der Betrachter also selber auf die Jagd begeben, die Jagd nach der Erkenntnis nämlich, was diese steife Allegorie bedeuten soll. Waidmannsheil!
Bis 15. März
Theresienstraße 48, Fr. 14 bis 18 Uhr, Eintritt frei.