Zünftiger Weltunfug

von Redaktion

Chris Boettcher feiert München-Premiere als „Freudenspender“

Chris Boettcher gibt dem Affen so viel Zucker – hoffentlich leidet das arme Tier nicht unter Diabetes. Bei seinem Gastspiel im vollen Lustspielhaus in Schwabing schickte der Münchner Musik-Comedian das Publikum nicht unter geschätzt tausend Pointen wieder nach Hause. Wer Humor mit doppeltem Boden und vertrackter Denkakrobatik mag, hat bei Boettcher weniger Freude. Aber wer den Weltunfug einfach zünftig und unbeschwert weglachen will, erlebt eine Mordsgaudi.

Denn der 59-Jährige hat im Radio bei Bayern 3 gelernt: Einem guten Gag reicht ein Boden, der muss nicht doppelt sein. Und so haut er auch im Lustspielhaus die Knaller raus, zum Beispiel beim „Schlagerbooom“ im Bundestag. Da schauen Dschinghis Khan vorbei („Hey Reiter, Hofreiter“), da hadert Eros Ramazzotti mit der Ampel („Was ist das für ein Koalitione?“). Und da packt Wolfgang Petry die Wut: „Wahnsinn, warum schickst du mir diesen Höcke (Höcke Höcke Höcke)?“

Gegen rechtes Treiben bezieht Boettcher bei allem Klamauk wohltuend klar Position. Am liebsten ist ihm aber das Prominenten-Panoptikum, das er am E-Piano brillant zum Leben erweckt. Tiefgründig ist es zwar nicht, wenn Robert Habeck auf den Spuren von Loriot unterwegs ist („Ich wünsch mir ne kleine Wärmepumpe“) oder wenn Edmund Stoiber mit der Poesie ringt („Sah ein Knab, äh, Dings, äh, ein Röslein stehen“) – aber halt richtig lustig. Und seine Klassiker von Howard Carpendale („Isch heiß wie isch heiß“) bis zur Topmodel-Verlade „Zehn Meter geh“ sind eh unkaputtbar. Wer Chris Boettcher mal ganz anders erleben will: Am Faschingsdienstag spielt er mit Big Band im Deutschen Theater auf. Motto: Sinatra statt Söder. JÖRG HEINRICH

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