Glück in Tuben

von Redaktion

Die Jazzrausch Bigband lädt zur Jubiläumssause – mit Jutta Keeß an der Tuba

VON KATJA KRAFT

Es heißt, doofe Fragen gibt es nicht. Doch dann stellt man Jutta Keeß eine richtig doofe. Die nämlich, ob sie als Tuba-Spielerin eine Exotin sei. Subtext: Tuba = schweres Instrument = nichts für Frauen. Aber weil Jutta Keeß diese doofe Frage schon oft gehört hat und ein ziemlich lässiger Typ ist, kontert sie entspannt: „Genau, deshalb spielen auch so viele Männer Harfe.“ Touché. Schon merkwürdig, die Harfe assoziieren wir meist mit Frauen. Klingt so zart und sanft. „Aber dieses Instrument zu transportieren – grausam! Das ist schwer“, betont Keeß. Und damit willkommen in der Welt der 35-jährigen Münchnerin.

Die lässt sich von Schubladendenken nicht beeinflussen. Freut sich stattdessen darüber, wie viel Aufmerksamkeit ihr Instrument gerade erhält. 2024 wurde wie berichtet zum Jahr der Tuba ausgerufen. Keeß trägt in diesen Tagen gern dazu bei, mal mit ein paar Klischees aufzuräumen. Stichwort Größe. „Wenn ich gefragt werde, ob mir die Tuba nicht zu schwer ist, erinnere ich gern daran, dass ein Geiger oder ein Querflötist ja auch nicht gefragt werden, ob ihnen ihre Instrumente nicht etwas zu leicht oder zu klein sind.“ Meint’s und lacht herzlich. Wer sagt denn, dass nur Männer Muckis haben?

Lachen kann Keeß auch über das Bild des gemütlichen Hum-ta-ta-Musikers, das manchem beim Wort Tuba als Erstes in den Sinn kommt. „Das, was ich an der Tuba liebe, ist, dass sie eben so viel mehr kann als ,nur‘ Blasmusik. Ich liebe die Flexibilität dieses Instruments. Musikalisch wie klanglich. Ich tobe mich in allen Bereichen aus: in der Blasmusik, der Volksmusik, im ganzen Groove-Bereich – bis hin zum Techno.“ Apropos Schubladen: Den Techno zelebriert sie in einer Formation, die seit zehn Jahren alle Genre-Grenzen sprengt. Am 17. Februar feiert die Jazzrausch Bigband ihr großes Geburtstagskonzert in der Kleinen Olympiahalle. Sie nennen’s: „Super Surround Sound Rave“. Und Jutta Keeß bekommt jetzt schon Gänsehaut vor Vorfreude auf die große Sause, bei der auch sie und ihre Tuba auf der Bühne Vollgas geben. Genau wie beim Blick zurück auf die Anfänge. Damals, als sie noch „Fan Girl“ war und Woche für Woche im einstigen Nachtclub Rausch und Töchter in München vorbeischaute, um Roman Sladeks „Jazzrausch“-Konzertreihe zu erleben. Daraus entstand die Bigband, die bald im Technoclub Harry Klein loslegte. Beim ersten Konzert dort aktiv dabei: Jutta Keeß und ihre Tuba. „Ich kann mich noch genau an das Konzert erinnern. Da hat man gespürt: Wow, das könnte was Großes werden.“

Wurde es. Die Jazzrausch Bigband begeistert ihr kunterbuntes Publikum weltweit. In klassischen Konzertsälen wie der Elbphilharmonie bis hin zu Theatern und Festivals. Roman Sladek macht sich eine diebische Freude daraus, den Musikerinnen und Musikern seiner Truppe spontan Fragen auf der Bühne zu stellen, sie ein bisschen plaudern zu lassen. Besonders charmant tut dies die 35-Jährige. Eine Rampensau? „Nee. Mit diesem Instrument ist man eigentlich eher im Hintergrund. Ich bezeichne mich immer als Side Woman. Von selber wäre ich nicht darauf gekommen, mich vorne hinzustellen.“ Grinsen. „Aber ich muss zugeben: Ich wachse da mehr und mehr rein und genieße es total.“

Überhaupt hat man bei der gebürtigen Memmingerin, die eigentlich Musiklehrerin werden wollte, das Gefühl, dass sie durch Türen, die sich öffnen, frohgemut hindurchmarschiert. Auch damals, als sie – talentierte und ambitionierte Pianistin – eher durch Zufall mit 14 auch noch aufs Tuba-Spiel gestoßen wurde. „Ich wollte in der Blaskapelle spielen. Eigentlich Posaune, doch unser Dirigent meinte: Probier doch Tuba aus!“ Liebe auf den zweiten Blick. Es folgte ein dreifaches Studium: das der Pädagogik und Schulmusik und das klassische Tuba-Studium. Die Mutter eines zweijährigen Sohnes, die im März ihr zweites Kind erwartet, kann also jederzeit doch noch den „Plan B“ fahren und Lehrerin werden.

Wobei man sich das nicht so recht vorstellen kann, wenn man sieht, mit wie viel Energie und Freude sie von all ihren Projekten erzählt. Heute spielt sie voller Leidenschaft bei der bayerischen Hip-Hop-Band Dicht & Ergreifend, hilft regelmäßig bei den Münchner Symphonikern aus; lässt es in ihrer Marchingband Billy Burrito krachen, unterrichtet Tuba, spielt im Hofbräuhaus oder anderen Wirtshäusern zur Tanzlmusi auf und wird künftig eine der Bergson Artists im neuen Kunstkraftwerk Bergson in Aubing sein. „Genau das ist die Vielfalt, die ich meinte und die mich so glücklich macht.“ Das zu glauben: gar nicht schwer.

Jazzrausch Bigband

Karten für das Geburtstagskonzert in der Kleinen Olympiahalle in München am 17. Februar gibt es unter www.jazzrauschbigband.de

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