Bach für Genießer

von Redaktion

Das komplette Orgelwerk auf 16 CDs: Peter Kofler hat sein Mega-Projekt vollendet

VON TOBIAS HELL

Knappe sechs Jahre hat es gedauert, aber nun ist Peter Koflers Gesamteinspielung der Orgelwerke Johann Sebastian Bachs komplett. Drei schmucke CD-Boxen mit insgesamt 16 Silberscheiben sind es geworden. Beziehungsweise 364 Einzeltracks für all diejenigen, die lieber dem Streamingdienst ihres Vertrauens den Vorzug geben. Der digitale Verbreitungsweg verdient in diesem Fall tatsächlich eine besondere Erwähnung: Das Team um Tonmeister Martin Fischer setzte bei den Aufnahmen für dieses Mammut-Projekt in der Münchner Michaelskirche bereits beim Start 2017 auf das hochauflösende „AURO 3D-Verfahren“, dessen Datenmenge die Kapazität herkömmlicher Tonträger sprengen würde.

Was sich damals für die Wiedergabe daheim nur schwer umsetzbar anhörte, ist dank des Vormarsches von Lossless-Streaming und Dolby Atmos für Genießer längst alltäglich geworden. Das Verfahren erlaubt sowohl über High-End-Kopfhörer als auch über die S-Klasse der heimischen Audio-Systeme eine viel genauere Abbildung der Musik, die auch Organist Kofler nicht müde wird zu loben: „Es ist nicht nur eine technische Spielerei, sondern tatsächlich ein echter Mehrgewinn, weil es meine musikalische Aussage unterstützt – nicht nur in der räumlichen Wahrnehmung. Der Klang wird viel transparenter und dynamischer. Dadurch kommt das, was ich ausdrücken will, besser zur Geltung.“

Ein Aspekt, den das geübte Ohr auch in der Stereo-Abmischung auf CD registriert. Die nun komplettierte Edition betrachtet Kofler dabei als ein echtes Team-Projekt, aus dem sein Tonmeister nicht wegzudenken ist. Angefangen bei der Platzierung der Mikrofone bis hin zur Abmischung. „Es ist wichtig, dass man sich versteht, menschlich wie auch musikalisch. Und man merkt, dass da nicht nur jemand sitzt, der Knöpfe drückt. Martin ist mein erster Zuhörer. Er weiß inzwischen genau, was mir wichtig ist. Und weil er meistens tagsüber schon geschnitten hat, konnten wir die Korrekturen immer schnell umsetzen und unsere Aufnahmezeiten sehr effektiv nutzen.“

Drei bis vier Tage waren es pro CD. Oder besser gesagt drei bis vier Nächte, wenn keine Störgeräusche aus der Fußgängerzone in die Michaelskirche vordringen konnten. Kofler ging bei der Einspielung der Bach-Werke nicht chronologisch vor, sondern orientierte sich bei der Zusammenstellung thematisch am Kirchenjahr. „Ein solches Projekt muss man von Anfang an genau durchplanen. Nicht dass am Ende auf einmal ein paar kurze Stücke übrig bleiben, die man dann als Zugaben nachreichen muss.“

Jedes der Programme wäre für Kofler daher auch live denkbar. Denn genau wie ein Konzert braucht eine CD ihren Spannungsbogen und musikalische Abwechslung. Obwohl die Werke Bachs den Mann vom Ritten oberhalb von Bozen schon sein musikalisches Leben lang begleiten, hielt der Orgel-Rundumschlag auch für ihn noch mehr als eine Neuentdeckung parat. „Ich hatte zuvor maximal die Hälfte davon gespielt. Den Rest musste ich mir daher gut einteilen. Es dauert schließlich, bis man das in den Fingern hat. Und dann muss die Musik ja auch noch in einem gären, bevor man sie auf CD bannen will.“

Die klassische Frage nach Lieblingsstücken oder besonderen Herausforderungen lässt sich für Peter Kofler dabei nicht beantworten. „Es ist Musik, die einen unmittelbar berührt. Ganz unabhängig vom Glauben. Und alles, was Bach geschrieben hat, ist anspruchsvoll. Je einfacher die Musik wirkt, umso weniger verzeiht sie.“

Die Edition nun vor sich auf dem Tisch liegen zu sehen erfüllt ihn zu Recht mit Stolz. Nicht nur wegen der positiven Rezensionen, die es für die ersten Boxen gab. Abseits vom rein sportlichen Aspekt, begegnet Kofler dem Komponisten nach der Bewältigung des kompletten Orgelwerks mit noch größerer Ehrfurcht als zuvor. „So kitschig sich das vielleicht anhören mag, aber ich fühle mich unglaublich bereichert, weil ich diese Musik nun in mir habe und sie weitergeben kann. Es ist wie das Lernen einer Sprache, bei der das Vokabular wächst und man von Mal zu Mal mehr versteht. Natürlich kann ich Noten analysieren. Aber das, was diese Musik mit uns macht, lässt sich nur schwer erklären. Da geht es uns Profis nicht anders als dem Publikum.“

„Opus Bach“,

Peter Kofler (Farao, 3 CD-Boxen).

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