In der Pinakothek der Moderne geht die Sonne auf. Passend zum meteorologischen Frühling ist hier am Freitag eine Ausstellung gestartet, die man sich jetzt einfach gönnen sollte. Eingefügt in viele der Arbeiten, die oben auf der Empore der Rotunde zu sehen sind, immer wieder: Eier. Hühnerei. Entenei. Gänseei. Straußenei. Ei, Ei, Ei – nicht Verpoorten, sondern von Sigurd Bronger. Es ist eines der liebsten Materialien, die der große norwegische Künstler für seine außergewöhnlichen Schmuckkreationen seit 40 Jahren verwendet. „Die Natur schenkt uns diese perfekte ovale Form, die muss man doch nutzen“, sagt Bronger. Ha! Klingt leichter, als es ist. Geht ja bald wieder los, das Ostereier-Ausgepuste, bei dem schon beim Einstechen der Schale die Hälfte zerbricht, damit der Inhalt dann schön klebrig über die Hände schlabbern kann. Deshalb machen gerade die filigranen Eierschalen-Arbeiten, die nun in den Vitrinen der Neuen Sammlung – The Design Museum in der Pinakothek der Moderne schimmern, deutlich, welch präziser Handwerker Sigurd Bronger ist.
Mit Naturmaterialien arbeitet der 67-Jährige am liebsten. Kamel-Dung zum Beispiel. Lag in der Wüste zu seinen Füßen. Er hat’s mitgenommen, ein hauchfeines Konstrukt darum geschaffen. Und, simsalabim – auf diese Weise aus Mist Gold gesponnen; das kann er, der Alchimist Bronger. „Wenn Sie sich vorstellen: Das ist in einem tierischen Körper entstanden!“, freut er sich.
Wie ein verspieltes Kind lenkt Bronger unseren Blick auf das Alltägliche, an dem wir achtlos vorüberziehen. Erhebt einen Badewannenausguss, einen Tannenzapfen, eine (duftende!) Zimtstange zu Broschen. Zeigt, was sie sind: Werke der größten Künstlerin überhaupt, Mutter Natur. Ein neuer Kontext verändert alles. Es ist eine Schau, die uns das Schauen lehrt. „Du musst neugierig bleiben. Dir die Welt angucken. Das ist das ganze Geheimnis.“ Die perfekte Form, sie ist ja schon da. In der Muschel, die Bronger längs aufschneidet – und so die architektonische Meisterleistung darin preisgibt.
Dabei hat der Künstler, der übrigens völlig schmucklos unterwegs ist (selbst der Ehering bleibt meist in der Schatulle), an dem oft Schmuckmarkt-Zirkus kein Interesse. Raffitückisch macht er sich über die eitle Szene lustig. Über Sammler, die Broschen, Ketten, Ringe nur tragen, um zu zeigen, was sie sich leisten können. Die keinen Sinn für das Handwerk, die Präzision, die Kunst dahinter haben. Hauptsache protzig. Und was macht Bronger? Statt einen großen Diamanten einzusetzen, nimmt er einen klitzekleinen und platziert eine Mini-Lupe davor. Wer hindurchschaut, sieht einen großen Klunker funkeln. Oder Bronger fertigt ein goldenes Schlüsselchen als Anhänger für eine Kette – und tunkt es kurzerhand in Farbe. „Ich fand, dass das hübscher aussieht. Gold ist für mich einfach nur ein gut zu bearbeitender Werkstoff. Doch sehen muss man es nicht.“ Aber tragen, tragen kann man es. Nah am Herzen. Das klopft vor Freude.
Bis 2. Juni
im zweiten Obergeschoss der Rotunde, Pinakothek der Moderne; täglich (außer Mo.) 10 bis 18, Do. bis 20 Uhr.