Virtuose Lebensbeichte

von Redaktion

Martha Argerich und Lilya Zilberstein feiern im Herkulessaal ein Klavierfestival

VON TOBIAS HELL

Wie mag es wohl geklungen haben? Damals, als Sergej Rachmaninow seine „Symphonischen Tänze“ einst in privatem Rahmen zusammen mit Vladimir Horowitz an zwei Klavieren zur Aufführung brachte. Wir werden es nie erfahren. Doch muss man sich wahrlich nicht in irgendwelche „Was wäre, wenn“-Szenarien hineinträumen, wenn man dafür nun eine Legende wie Martha Argerich im Duo mit Lilya Zilberstein erlebt hat.

Die „Tänze“ waren ohne Zweifel der Höhepunkt eines wahren Klavierfestivals, das die beiden im restlos ausverkauften Münchner Herkulessaal abfeierten. Befreit von der süffigen Hollywood-Orchestrierung, die der letzten vollendeten Partitur des Komponisten gern vorgeworfen wird, ließ sich das Werk quasi noch einmal völlig neu kennenlernen. Als eine Art nachdenkliche Lebensbeichte, in die Rachmaninow zahlreiche Stationen seiner Karriere eingeflochten hatte.

Argerich und Zilberstein spürten diesen oft verschlüsselten Zitaten akribisch nach und schenkten sich in den virtuosen Passagen gegenseitig nichts. Zwei Meisterinnen ihres Fachs, die einander mit freundschaftlichem Respekt begegneten, dabei aber ihre individuellen Stärken trotzdem kompromisslos auszuspielen wussten und sich damit gegenseitig antrieben.

Ähnliches hatte sich zuvor in den Werken von Mozart und Milhaud abgezeichnet, die von den Pianistinnen mit wechselnder Führungsrolle, mal im Duo, mal vierhändig absolviert wurden. Lediglich Schumanns Opus 46 litt im Andante unter leichten Unsicherheiten. Was angesichts der Autorität, mit der die folgenden Variationen absolviert wurden, aber nicht ins Gewicht fiel. Der hier demonstrierte Farbenreichtum wirkte auch in Smetanas achthändigem Sonatensatz in e-Moll weiter.

Eine Rarität, für die sich das Duo Daniel und Anton Gerzenberg mit auf die Bühne geholt hatte, um mit vereinten Kräften eine geradezu orchestral anmutende Wucht zu entfalten. Was dazu führte, dass sich das euphorisierte Publikum nicht weniger als drei Zugaben erklatschte, ehe man das Quartett ziehen ließ.

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