Am Ende des Abends kommen sie dann doch noch. Die von vielen erwarteten Späßchen und Slapstick-Einlagen. Jetzt, wo die Arbeit getan ist und Rolando Villazón im Kreise seiner treuen Fans auf einer Welle der Euphorie segelt (Foto: Dario Acosta). Da wird selbstironisch der gesprengte Westenknopf erklärt, den man aus den vorderen Reihen schon registriert hatte. Oder lachend der improvisiert zusammengeknotete Kummerbund vorgeführt. Und weil das Outfit zum Glück gehalten hat, gibt es noch eine allerletzte, vierte Zugabe.
Trotz hohem Spaßfaktor zeigt der Abend im Prinzregententheater aber gleichzeitig, dass Villazón keineswegs nur Show macht. Er hat auch musikalisch etwas zu sagen und versteht es, selbst eine bunte Häppchenplatte aus 200 Jahren Musikgeschichte dramaturgisch und konditionell klug aufzubauen. Händel und Mozart, bei denen vor allem die Gelenkigkeit der Stimme gefragt ist, werden da gleich am Anfang abgefeiert, ehe die schweren Kaliber von Verdi oder Puccini auf ihn warten. Am besten ist Villazón auch diesmal, wenn er eine Geschichte erzählen oder einen Charakter formen darf. So wie Haydns Orfeo oder seine einstige Paraderolle, der Titelheld aus „Hoffmanns Erzählungen“. Hier zeigt sich deutlich, warum der Publikumsliebling auf die Bühne gehört und ihm die Regie oder das Bücherschreiben allein nicht genügen können.
Dass der eine oder andere Spitzenton sich im Eifer des Gefechts verhärtet, fällt angesichts der packenden Gestaltung kaum ins Gewicht. Die von Guerassim Voronkov geleiteten Münchner Symphoniker gönnen dem Mexikaner nach den großen Kraftakten immer wieder kurze Verschnaufpausen und lassen sich wie das Publikum von seiner Energie mitreißen. Was sich besonders in den Zarzuela-Nummern von Torróba oder Sorozábal zeigt, die eigentlich nur eine Frage offenlassen: Wann kommt endlich ein Theater auf die Idee, für Villazón eine dieser charmanten spanischen Operetten auf den Spielplan zu setzen? TOBIAS HELL