Die Muse, sie ist eine „tough Mistress“, harte Herrin also, gab Richard Thompson jüngst dem Musikblatt „Rolling Stone“ zu Protokoll. Man müsse ihr einfach folgen, wenn sie ruft – auch mit 75 Jahren. Wenn man Thompsons neues Album „Ship to Shore“ hört, kann man dafür nur dankbar sein. Der im US-Exil lebende Brite gehört zu den allerbesten Rock-Gitarristen und Songschmieden – und ist doch ein relativer Geheimtipp geblieben, seit er 1967 mit Fairport Convention begann, englische Folklore mit Rock zu verbinden. Daran hat auch nichts geändert, dass Pop-Produzent Mark Ronson zu Beginn der Pandemie den Song „I want to see the bright Lights tonight“ coverte. Die neue Platte macht in Riff-Rockern wie „Turnstile Casanova“ noch mal ordentlich Dampf, auch auf „Maybe“ perlen die Soli, wie sie es nur bei Thompson tun. „The Fear never leaves you“ transportiert die Traumata eines Soldaten zu dunkel-intimem Band-Sound. Die Muse küsst nicht in jedem Song gleich stürmisch – und doch ist die permanent hohe Qualität dieses Ausnahmekünstlers beeindruckend.
LÖ
Richard Thompson:
„Ship to Shore“ (New West).
★★★★☆ Hörenswert