Queen am Kipp-Punkt

von Redaktion

Montreal-Konzert von 1981 neu aufgelegt

Zu den besonders erstaunlichen Momenten des Konzertfilms „Queen rock Montreal“ zählen die Kameraschwenks ins Publikum. Etwa nach dem Medley „Now I‘m here / Dragon Attack“. Freddie Mercury und die Seinen haben sich gerade verausgabt – aber die meisten der Zuschauer bleiben auf ihren Sitzen kleben. Es war halt eine andere Zeit damals, auch das zeigt der Mitschnitt, der jetzt gestochen scharf restauriert auf „Disney+“ zu sehen ist. Parallel dazu ist das Konzert erstmals auf CD und Vinyl zu haben.

Queen waren auf dem Zenit ihrer Kunst – und am Kipp-Punkt zum Pop. „Radio Ga Ga“ gab’s noch nicht, auch kein „Kind of Magic“. Hier stand noch eine Hardrock-Band auf den Brettern – natürlich eine mit Klimbim. Dass die Palette ihnen längst zu klein geworden war, hatten sie mit der LP „The Game“ und Stilübungen wie „Crazy little Thing called Love“ und „Another one bites the Dust“ bewiesen – John Deacon auch live ein Tier am Bass, genauso wie auf ihrer kurz zuvor erschienenen Single „Under Pressure“, die sie in Montreal zum ersten Mal aufführten (klar: ohne David Bowie).

Bei aller Brillanz im Studio waren Queen einfach eine Killer-Liveband. Es ist eine Kunst, wie sich Mercury und Schlagzeuger Roger Taylor im Harmoniegesang verzwirbeln und Taylor das hohe Register übernimmt, um den Frontmann zu entlasten. Und was das doch für ein Frontmann war. Zum ersten Mal trug er zu dieser Zeit seinen Schnauzbart spazieren. Dazu die Lederkluft, die knappen weißen Shorts, das Superman-T-Shirt. Den Fans dürfte langsam gedämmert haben, dass da einer ganz tief in der Gay-Kultur wilderte. Brian May wiederum macht dazu Rabatz wie drei Heavy-Metal-Gitarristen. Es gibt nicht viele Live-Filme von Queen. Ihr Mitschnitt aus Montreal ist einer der besten überhaupt. JOHANNES LÖHR

Queen:

„Rock Montreal“
(DIsney+, Universal).

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